Dorfladen

Die zwei Brüder von Pont

Bis vor kurzem mussten die Ponter zum Einkaufen bis ins sechs Kilometer entfernte Geldern fahren. Sebastian und Benjamin Kleinen wollten das ändern und eröffneten einen Dorfladen. 

Geldern-Pont. Das „Ponter Dorfzentrum“ macht seinem Namen alle Ehre, hier ist richtig was los! Die Tür des kleinen Lebensmittelladens geht auf und zu, kleine und große Ponter kommen und gehen, erledigen Einkäufe oder halten ein kurzes Schwätzchen. Einige haben ihre Besorgungen schon erledigt und nehmen nun an den drei kleinen Tischen neben der Kasse Platz, um noch einen Kaffee zu trinken.

So lebendig wie es heute in Pont, einem Ortsteil von Geldern mit knapp 2600 Einwohnern, zugeht war es hier in den letzten Jahren nicht immer. Sebastian Kleinen weiß das nur zu gut. Er erinnert sich: „Kurz nacheinander haben hier 2016 der einzige Bäcker, die Bankfiliale und drei Gastronomiebetriebe geschlossen.“ 

Eine rettende Idee für Pont 

Pont hatte daraufhin keine Begegnungsstätte mehr, die nächsten Einkaufsmöglichkeiten befanden sich sechs Kilometer weit entfernt in Geldern. „Für die alten Ponter und alle anderen auf dem Dorf, die nicht mobil sind, war das natürlich eine Katastrophe“, sagt Sebastian Kleinen. Pont brauchte Hilfe. Und Sebastian und sein Bruder Benjamin, die beide in Pont aufgewachsen sind, hatten die rettende Idee. 

Benjamin Kleinen hatte gerade eine Ausbildung im Bereich Einzelhandel abgeschlossen und Sebastian hatte gerade im Rahmen seines Masterstudiums im Fach Sozialmanagement ein Konzept entworfen, das sich mit der Frage der Nahversorgung in ländlichen Gegenden beschäftigte. Sein Lösungsansatz: Eine kluge Kombination aus Dienstleistungen und Einzelhandel. Im kleinen Dorfladen sollten Lebensmittel verkauft und wenn gewünscht bis nach nach Hause geliefert werden. Zusätzlich werden über den Dorfladen aber auch Dienstleistungen vermittelt. Wer Hilfe im Haushalt braucht, kann einen Gärtner, eine Putzhilfe oder einen Handwerker anfordern. Ein möglichst großes Angebot vor Ort – so wollte Kleinen es älteren Menschen ermöglichen, so lange wie möglich selbstständig in ihrem Heimatdorf zu leben. Die Idee des „Ponter Dorfzentrums“ war geboren. 

Theo Röttmanns liefert als Fahrer für das „Ponter Dorfzentrum“ Einkäufe zu den Kunden nach Hause. Foto: Kai Kitschenberg 

Ein neuer Treffpunkt im Dorf 

Im November 2016 war es dann soweit: Im Gebäude der ehemaligen Volksbank an der Ponter Dorfstraße eröffneten die Brüder Kleinen einen Laden. Seitdem können die Ponter wieder zu Fuß einkaufen gehen und diejenigen, die auch das nicht mehr schaffen, werden dank des eigenen Lieferservices zu Hause versorgt. Das kleine Café im Laden ist ein beliebter Treffpunkt im Dorf geworden. „Ich komme jeden Tag mehrmals hierhin und trinke einen Kaffee“, erzählt Iris Peters, eine Stammkundin im Dorfladen. „Ich bin einfach gerne hier! Endlich habe ich auch wieder mehr Gelegenheit, mit den Menschen hier in Kontakt zu kommen.“ 

In Pont fehlt es nun fast an nichts mehr, denn die Produktpalette im Dorfladen ist groß. Sebastian Kleinen und sein Bruder bieten ihren Kunden dank zahlreicher Kooperationen mit Einzelhändlern aus der Umgebung ein umfangreiches Sortiment. „Ein Metzger aus Straelen beliefert uns mit frischem Fleisch, von einem Bauernladen beziehen wir unseren Käse, und ein Imker verkauft Honig und Met.“ Auch die einzige Konditorei im näheren Umkreis befindet sich – wen wundert’s – im „Ponter Dorfzentrum“. Die Chefin ist Sebastian Kleinens Verlobte.

Aber nicht nur mit Lebensmitteln sind die Ponter nun bestens versorgt. Ein Buchladen aus Geldern füllt zwei Regale im Dorfladen mit seinen Produkten, und ein örtlicher Versandhandel für Babybedarf liefert Windeln und Spielzeug. Die Kooperationen funktionieren auf Provisionsbasis, so bleibt das Risiko sowohl für den Dorfladen als auch für die Einzelhändler gering. 

Große Namen im kleinen Dorfladen 

Sebastian Kleinens Konzept scheint zu funktionieren, und als er erzählt, wie das Angebot des Ladens mit der Zeit immer weiter wuchs, nimmt die Liste gar kein Ende: „Wir haben den kleinsten Hagebaumarkt Deutschlands“, sagt er. Und tatsächlich, in einer Ecke des Dorfzentrums finden die Ponter auf wenigen Quadratmetern alles, was der durchschnittliche Heimwerker so braucht. Fußboden, Regale, Preisschilder – alles im typischen Hagebaumarktdesign. Und die Kleinen-Brüder haben noch mehr solcher Mini-Rekorde zu bieten. Sebastian zeigt auf ein Tiefkühlregal in der Ecke. „Das da ist der einzige stationäre Bofrost-Handel weltweit“, sagt er mit einem Augenzwinkern. „Das gibt es wirklich nur in Pont.“ Kein Wunder, denn auch die großen Namen im kleinen Dorfladen sind lokale Kooperationen: Der Bofrost-Gründer stammt aus Pont.

Inzwischen ist das „Ponter Dorfzentrum“ dank seines einzigartigen Sortiments auch über die Dorfgrenzen hinaus attraktiv geworden: „Die Produkte von den umliegenden Bauern gibt es teilweise nur bei uns zu kaufen“, erklärt Sebastian Kleinen,und so bescheiden er sich gibt, ein bisschen Stolz schwingt schon mit, als er sagt: „Dafür fahren die Leute sogar von Geldern nach Pont, nicht umgekehrt.“ Und noch wichtiger: Für die Dorfbewohner hat das Gerenne von Pont-ius nach Pilatus in Sachen Einkauf nun ein Ende!

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