Gewaltiges Heerlager wiederentdeckt

Ab morgen im Eiskeller zu sehen: Spuren, die Moritz von Oranien 1620 zwischen Bislich und Flüren hinterließ.

Foto links

Der Diersfordter Wald hat viele Spuren zugedeckt, aber nicht alle. Die Erhebung rechts zeigt heute noch die Lage eines Walls an. Foto: Privat

VON FRITZ SCHUBERT

WESEL Der kleine Heimatverein der Herrlichkeit Diersfordt hat wieder einmal Großes geleistet. Pünktlich zum Stadtjubiläum wird morgen um 11 Uhr im Eiskeller am Schloss die Ausstellung „20.000 Soldaten und 400 Schiffe vor Wesel“ eröffnet. Das Ereignis, das viermonatige Heerlager von Moritz von Oranien, ist Historikern natürlich bekannt. Neu aber ist, dass es heute noch Spuren davon gibt. So geht es nun einerseits um die spannende Wiederentdeckung der Befestigungen im Unterholz des Waldes zwischen Bislich und Flüren. Andererseits wird das besondere Kapitel Stadtgeschichte aus dem großen 80­jährigen Krieg neu beleuchtet.

Peter Bruns und Bernd von Blomberg ist es zu verdanken, dass diese feine Schau die Weseler Jubiläumsfeierlichkeiten begleitet. Ein Jahr dauerte allein die Vorbereitung der Ausstellung. Los ging die Recherche schon deutlich früher, als Bruns auf digitalen Reliefkarten zwei kleine Rechtecke und einige Linien entdeckte, denen er auf den Grund ging. Die moderne Technik, die Archäologen heute so vieles ermöglich, offenbart den blanken Boden – ohne Bewuchs und ohne Gebäude. Auf dem hatten die Truppen der niederländischen Generalstaaten vor knapp 400 Jahren mit enormem Aufwand eine gewaltige Machtdemonstration vor Wesel veranstaltet, das von den Spaniern besetzt war.

Und wieder kommen Karten ins Spiel. Exakt wie heutige Luftbilder sind die Zeichnungen, die Oberbefehlshaber Prinz Moritz damals von seinem Heerlager anfertigen ließ. Legt man sie auf die digitalen Werke von heute, so sind sie deckungsgleich. Das Schöne: Die Zeichnungen von 1620 zeigen alles mit Mann und Maus. Die Details sind durchnummeriert, in einer riesigen Legende lässt sich unter der jeweiligen Ziffer dann nachlesen, wer mit wie viel Mann in welchem Zelt lag. Damit nicht genug: Pferde, Kanonen, Musketen, Kugeln, Pulver, Wagen, Schiffe und ihre Ladung – grundsätzlich alles ist mit Mengenangaben aufgelistet. Das Ganze ging als Flugblatt in Druck, damit in Europa jeder erfuhr, dass mit den Niederländern nicht zu spaßen ist. Allein die Tatsache, dass das Heerlager binnen drei Tagen errichtet wurde, sprach für sich. Obendrein wurde der Gesandte Venedigs, Girolamo Trevisano, mit größtem Pomp, Prunk und Paraden empfangen. Im Gegensatz zu anderen hatte die Serenissima von der Adria die Niederländischen Generalstaaten (Holland, Zeeland, Groningen, Utrecht, Friesland, Gelderland und Overijssel) bereits anerkannt.

Kurz: Es war wieder einmal Weltpolitik, die sich da vor den Mauern Wesels abspielte, der bedeutendsten Stadt zwischen Köln und den Niederlanden. Die Zusammenhänge werden in der Ausstellung ebenso erklärt wie die möglichen Folgen einer kriegerischen Auseinandersetzung. „Was Wesel erspart blieb“ zeigen am Ende Darstellungen zu den Belagerungen von Jülich 1621/1622 und Geldern 1703. Prädikat: äußerst sehenswert.

 

Exakt wie ein Luftbild gibt das Flugblatt die Machtdemonstration des Jahres 1620 wieder. In der Mitte ganz oben bei Ziffer 5 einige Schanzen, die heute noch im Wald zu finden sind. Rijksmuseum Amsterdam

info

BIS ENDE OKTOBER IST DIE SCHAU ZU SEHEN

Wo Museum und Heimathaus Eiskeller Diersfordt, Am Schloß 1A Wann 6. März bis 29. Oktober, sonntags von 11 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung unter der Rufnummer 0281 98597795; nicht geöffnet wegen Veranstaltungen an den Sonntagen 20. März, 24. April und 19. Juni Eintritt zwei Euro, Kinder ein Euro; für Vereinsmitglieder und Mitglieder der NRW­-Stiftung frei

 

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