Ich bin Niederrhein (17) Von Michael Elsing

Schimpfwörter gehören ohne Frage nicht zu einem Repertoire, aus dem ein gut erzogener Mensch regelmäßig schöpfen sollte. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es einige Schimpfworte sogar in den Duden geschafft haben. Allerdings: am Niederrhein klingen Beschimpfungen zum Teil so niedlich und harmlos, dass ich sie an dieser Stelle ohne Bedenken veröffentlichen kann.
Der Klassiker unter den Schimpfwörtern, die sich direkt auf eine Person beziehen, ist der „Haiopai”. Er steht für einen liebenswerten Blödmann, der von seiner Umwelt nicht allzu ernst genommen wird. In diese Kategorie lassen sich ohne weiteres auch der „Flabes”, die „Flitzpiepe” und der „Flappmann” einordnen. Etwas anders verhält es sich mit den Varianten, bei denen der Absender bereits durchblicken lässt, dass er seinen Gegenüber für leicht unterbelichtet hält. Die Rede ist vom „Dämellack”, vom „Doofmann”, dem „Peiaskopp” sowie der „Dumpfbacke”. Damit soll zumindest im Unterbewusstsein eine klare Wertung abgegeben werden.
Mögen die so Bezeichneten womöglich noch über einen einwandfreien Charakter verfügen, sieht das bei den folgenden Kandidaten schon anders aus. Wer uns hintergehen oder sogar betrügen will, der muss sich als „Schmierlapp” oder „Schmutzbuckel” titulieren lassen. Die etwas edlere Variante ist der „Schlickefänger”, er ist gerade noch so geduldet. Das gilt jedoch nicht für den „Lauschepper”, der vor allem in niederrheinischen Lokalen nicht gerne gesehen wird.
Mitleid haben wir mit Menschen, die es an der körperlichen Robustheit vermissen lassen. Sie müssen Attribute wie „Pimpf”, „Schmachtlappen” oder „Schlappschwanz” über sich ergehen lassen. Wenig Kredit bei den Menschen am Niederrhein haben hinterhältig oder überheblich daher kommende Personen. Dem „Nickel” sollte man besser nicht den Rücken kehren. Und der „Fatzke” trägt nach unserer Auffassung die Nase viel zu weit oben. Ungeschickte oder langweilige Individuen haben es am Niederrhein auch nicht leicht. Sie müssen damit leben, als „Dusel”, „Trollo” oder „Trantüte” bezeichnet zu werden.
Frauen bekommen in unseren Gefilden ebenfalls ganz gezielt ihr Fett weg, wobei sie auch jederzeit in die bereits genannten Kategorien eingeordnet werden können. Doch konzentrieren wir uns zunächst auf das äußere Erscheinungsbild der Frau. „Schabracke” und „Schrapnell” (beide hässlich), „Spinatwachtel” (zu dünn), „Wuchtbrumme” (zu dick) und „Tussi” (zu aufgebretzelt) werden hier favorisiert. Das Wesen soll mit der „Zimtzicke” und der „Tucke” kritisiert werden. Hört sich doch alles gar nicht so schlimm an, oder? Wir Niederrheiner wissen eben, wie man sich benimmt.

RP vom 22.08.2009