Ich bin Niederrhein (2) Von Michael Elsing

Sie haben sich eine Fortsetzung der Serie über die niederrheinische Sprachkultur gewünscht. Na, da gehe ich doch sofort – Achtung, hier kommt gleich das erste Bespiel – „ab wie ein Döppken", was eine Handlung mit enorm hoher Geschwindigkeit beschreibt.
Im Schlepptau des Döppken befinden sich weitere Ausdrücke, die jedoch eine völlig andere Bedeutung besitzen. Das Wort Flaschenverschluss ist uns nämlich viel zu kompliziert und deshalb nennen wir diesen schlicht „Dopp". Und wenn im Schwimmbad vornehmlich pubertierende Jungen die Mädchen unter die Wasseroberfläche drücken, dann „döppen" sie sie. Ich habe früher auch gerne gedöppt, allerdings nicht nur die Mädchen, sondern auch Erbsen und Bohnen. Die erfahreneren Menschen unter Ihnen werden sicherlich wissen, was ich meine.
Mein Lieblingsthema bei der Aufschlüsselung der niederrheinischen Sprache ist und bleibt aber der lockere Umgang mit den Präpositionen. Wenn wir beispielsweise die Bewältigung einer Handlung als völlig problemlos einstufen, dann sagen wir, „da is doch nix bei“. In das Wörtchen „bei" sind wir ohnehin sehr verliebt. Manche Zeitgenossen bauen es in einen kurzen Satz gleich zwei Mal ein. „Komma bei mich bei", fordern sie ihre Mitmenschen auf. Der etwas abenteuerliche Einsatz der Verhältniswörter ist aber wohl auch in unserer (Mund)Faulheit zu suchen. Die völlige Erschöpfung nach einer körperlichen Anstrengung bringen wir wie folgt zum Ausdruck: „Ich bin ab." Bitten wir in der Kneipe den Wirt unseres Vertrauens um die Rechnung, sagen wir: „Halt ab." Schließlich wäre da noch ein Universal-Kommentar, den wir immer dann anbringen, wenn uns nichts Sinnvolleres einfällt oder uns eine detailliertere Stellungnahme zu anstrengend ist. Die Rede ist von „dat ist all so wat".
Sie hätten gerne noch ein Beispiel für ein Wort, bei dem wir uns so richtig austoben? Okay, wie wäre es mit „ein"? Beispiele? Bitte schön: Wir beruhigen uns nicht, wir kriegen uns ein. Wir sind nicht beleidigt, sondern eingeschnappt und manchmal machen wir auch unser Obst ein. Und wir sind die „einzichste" Region, die einen Superlativ zu „einzig" bildet.
Aber was wäre die niederrheinische Sprache ohne ihre Floskeln, die Außenstehenden nur schwer zu vermitteln sind. Die Aufforderung, jetzt Klartext zu reden, heißt bei uns eben „Butter bei de Fische“, und unserem Gegenüber signalisieren wir die gefahrlose Aufnahme ihres Essens mit den Worten: „Da kannst du ohne Stock dran gehen." Ich gebe Ihnen Recht: Um bei uns den Durchblick zu behalten, dürfen sie weder „bang", „fickrich“ noch „etepetete" sein. Sonst werden Sie uns nie begreifen.

RP vom 16.05.2008