Ich bin Niederrhein (24) Von Michael Elsing

Lange Zeit habe ich Sie nicht mehr mit Ausdrücken behelligt, die jeder Niederrheiner kennt und benutzt, deren Herkunft aber meist im Verborgenen bleibt. Deshalb werden ich Ihnen heute mal wieder ein wenig auf die Sprünge helfen. Da wäre beispielsweise die „beleidigte Leberwurst”. Sie wissen schon, das sind die Menschen, die nur allzu schnell übel gelaunt sind, weil sie jegliche Kritik persönlich nehmen oder ihr eigenes Handeln nicht ausreichend gewürdigt wird.
Doch warum muss die unschuldige Leberwurst für diesen Vergleich herhalten? Ich habe das mal getestet, ein Stück Kalbsleberwurst gekauft und es in den Kühlschrank gelegt. Dann habe ich dieses Stück in den nächsten beiden Tagen ganz bewusst ignoriert. Erst am dritten Tag bekam die Kalbsleberwurst wieder meine Aufmerksamkeit und ich hatte absolut nicht das Gefühl, dass sie diese verspätete Hinwendung als besonders beleidigend empfand.
Nächstes Beispiel: vornehmlich in der kalten Jahreszeit veranlassen uns geöffnete Fenster und Türen zu der Feststellung: „Es zieht wie Hechtsuppe.” Nun muss ich zugeben, dass sich meine Erfahrung mit Hechtsuppe in überschaubaren Grenzen hält. Trotzdem kann ich mir nur schwer vorstellen, wie die Hechtsuppe mich frösteln lassen soll. Aber ich muss ja auch nicht alles wissen. Und deshalb sehe ich es auch relativ entspannt, dass ich nicht weiß, warum wir jemandem „einen Bären aufbinden”, wenn wir ihn anlügen.
Zwei Erklärungen fand ich allerdings sehr sympathisch. Eine davon handelt von Jägern, die in einem Lokal ihre verzehrten Speisen und Getränke nicht bezahlen konnten und dem Wirt stattdessen einen lebenden Bären als Pfand andrehten. Den schlechten Tausch bemerkte er erst, als die Jäger längst das Weite gesucht hatten. Eine andere Erklärung lautet, dass es nicht möglich ist, jemandem einen Bären auf den Rücken zu binden, ohne dass dieser etwas bemerkt.
Mir ist aufgefallen, dass Tiere für allerlei unsinnige Floskeln herhalten müssen, „weiß der Geier”, warum? Auch des Menschen liebster Freund, der Hund, bildet da keine Ausnahme. Denn sehen wir etwas, dass wir kaum glauben können, sagen wir: „Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt.” Kaum zu glauben ist auch die Herkunft dieser Redensart. Till Eulenspiegel soll‘s gewesen sein. Als Geselle eines Bierbrauers sollte der Narr den Hopfen sieden. Pech nur, dass der Hund des Brauers zufällig Hopf hieß. So nahm Eulenspiegel das arme Geschöpf und warf es in die Braupfanne. Dass der anschließend „verrückt” wurde, muss ich Ihnen nicht erklären. Finden Sie nicht auch, dass unsere niederrheinische Sprache ebenfalls verrückt ist. Und dafür müssen wir sie nicht mal in die Pfanne werfen.