Ich bin Niederrhein (25) von Michael Elsing

Okay, okay, heute erzähle ich noch einmal einen Schwank aus meiner Kindheit. Versprechen Sie mir aber bitte, dass Sie die nun folgenden Zeilen nicht ihren Kindern zeigen werden. Das könnte Folgen haben, für die ich nicht verantwortlich sein möchte. Also: es war einmal ein kleiner, blonder Junge, der in einem niederrheinischen Dorf lebte. Wie nahezu alle Jungen in seinem Alter, war er Messdiener der katholischen Pfarrgemeinde St. Johannes.
Das ist doch nicht so schlimm, werden Sie jetzt denken, worauf ich Ihnen antworte, dass dies noch nicht der Schwank war. Der kommt erst noch. Besagter Junge verrichtete bis zu jenem verheerenden Donnerstagabend seinen Dienst als „Assistent” des Pastors klaglos und ohne dem „Chef” Grund zur Klage zu geben. Die Handgriffe des Messdieners beherrschte er aus dem Eff-Eff und auch die Spezialdienste als Kerzenträger zu Weihnachten oder Ostern spulte er mit traumwandlerischer Sicherheit ab. Als dann der von allen Messdienern und Kindern des Ortes heiß geliebte Pastor die Gemeinde verließ, wendete sich das Blatt ein wenig. Sein Nachfolger trat ein schweres Erbe an und lieferte dem bis dato so unbescholtenen Jungen sozusagen die Vorlage für die unverzeihliche Tat.
Ich spüre förmlich, wie sie es kaum noch erwarten können, was dieser Bengel denn nun ausgefressen hat. Gemach, Gemach, ich komme gleich zum Punkt. Der kleine Junge ließ es sich zunächst noch gefallen, dass es fortan vom „Chef” statt Bonbons nur noch noch religiöse Bücher und statt Kuchen nur noch Kerzen gab. Das Lachen wurde aus dem Gotteshaus verbannt und durch ernsthafte Lehre ersetzt.
So beschlossen der kleine Junge und sein damaliger Messdiener-Kumpel, das Lachen wieder zurück in die Kirche zu holen und wählten für dieses Vorhaben einen x-beliebigen Gottesdienst. Punkt 19 Uhr betreten sie also die Kirche und die Messe beginnt. Bis zur Wandlung läuft alles völlig normal ab. Dann entschließen sich die beiden Jungen, dem Wasser, dass sie dem Pastor an den Altar bringen, eine ordentliche Prise Salz beizumengen. Sie huschen zurück auf ihre Plätze und warten, das Lachen nur mit Mühe unterdrückend, auf die Wirkung ihrer Tat.
Schon setzt der ahnungslose Pastor den Kelch an den Mund und die beiden Übeltäter müssen sich nun kneifen, um nicht laut los zu prusten. Ihr „Chef” läuft derweil wie eine Tomate an und bekommt anschließend den zu erwartenden Hustenanfall. Seine Diener können sich kaum noch beherrschen, bringen die Messe aber souverän über die Bühne. Den anschließenden Segen in der Sakristei erteilt der Pastor den beiden Jungen noch mürrischer als üblich. Verdient hatten sie ihn nicht. Bereut haben sie erst Jahre später.