Ich bin Niederrhein (9) Von Michael Elsing

Heute beschäftigen wir uns mit einem Heiligtum des Niederrheiners ­ seinem Garten. Dass dieser immer "piccobello" aussehen muss, muss ich nicht extra erwähnen. Wir pflegen ihn natürlich nur deshalb so akribisch, weil wir uns selbst an seinem makellosen Zustand erfreuen wollen.
Allerdings wissen wir sehr genau, zu welchen Zeiten Freunde, Nachbarn oder zufällig vorbeikommende Spaziergänger einen Blick in unsere Außenanlagen werfen könnten. Daher gilt die Faustformel: "Wir müssen den Garten in Schuss bringen, denn morgen ist Sonntag." Wobei Sonntag auch ersetzbar wäre durch Weihnachten, Ostern, Pfingsten, Himmelfahrt, Frohnleichnam, Allerheiligen, Volkstrauertag, Totensonntag, Nikolauszug, Sankt Martins-Zug, Neujahr und Schützenfest. An allen übrigen Tagen ist es nicht ganz so tragisch, wenn an der einen oder anderen Stelle ein verirrtes Blatt zu sehen ist.
Begleiten wir also den typischen Niederrheiner an einem seiner Graten-Arbeitstage. Zunächst muss das Werkzeug herbeigeschafft werden. Mit Schubkarre, Rasenmäher, Spaten, Schüppe, Schuffel, Harke, Rechen und Besen ausgestattet, geht‘s nun ans Werk. Mir ist selbstverständlich bewusst, dass ich nicht mal die Hälfte aller Werkzeuge aufgezählt habe, die dem ganz normalen Gartenliebhaber zur Verfügung stehen. Aber ich will sie ja nicht langweilen. Die Arbeit ist gerade aufgenommen, da schaut schon der erste Nachbar wie zufällig vorbei. Es entwickelt sich folgender Dialog:
"Moin." ­ "Moin." ­ "Na, fleißig?" ­ "Jo, nützt ja nix." ­ "Da sachse wat." ­ "Wer sollet auch sonst machen?" ­ Stimmt, von alleine wird dat nix." ­ Genau. So, ich muss sehen, dat ich wat geschafft krich." ­ „Alles klar. Kanns bei mir gleich weitermachen." ­ "Dat fehlt mir noch." ­ Wie schnell ist nix getan, denkt sich nun der Hobby-Gärtner und widmet sich wieder seiner Arbeit. Es wird Unkraut gezupft, der Boden gelockert oder umgegraben. Es wird gepflanzt, umgetopft, gemäht, geharkt, gespritzt und gefegt und zwischendurch ein Schwätzchen am Gartenzaun gehalten, das sich ziemlich genau an den Wortlaut der ersten Unterhaltung orientiert. Wichtig außerdem: Für kleinere Reparaturen rund um das Haus sollten "Mottek, „Schruwentrekker" und Knipptang" immer griffbereit sein. Eventuell wird als Krönung des Tages noch das Auto gewaschen.
Danach wird sämtliches Werkzeug, das im Einsatz war, gesäubert und an seinen angestammten Platz gebracht. Jetzt noch schnell in die Wanne, denn gleich fängt die Sportschau an. Dem Sonntag oder einem seiner oben erwähnten Freunde kann der Niederrheiner jetzt ganz entspannt entgegen sehen.

RP vom 3. April 2009