Abschied vom Dorfarzt Herbert Huth

Eine Ära ist jetzt zu Ende gegangen: Herbert Huth, seit 26 Jahren Bislicher Dorfarzt, verabschiedet sich in den Ruhestand

– der 72-Jährige wollte schon länger Schluss machen. Aber nicht, ohne einen Nachfolger für seine Praxis gefunden zu haben. Mit Dr. Wail Saleh ist ihm das jetzt gelungen – der Jordanier wird die Praxis an der Dorfstraße fortführen, die Teil des Medizinischen Versorgungszentrums Evamed am Evangelischen Krankenhaus Wesel wird.

Zum Abschied und zum Dank bekam Huth jetzt Besuch von Kornel Schmitz, stellvertretender  Vorsitzender des Heimat- und Bürgervereins Bislich – und Geschäftsführer Michael Beermann. Sie hatten ein kleines, aber besonderes Geschenk dabei: Die Bilder aller Bislicher Hausärzte seit dem Jahr 1876 – darunter auch eines von Huth. „Ich freue mich, dass ich da eingeordnet bin“, sagte der Landarzt. „Alle haben es lange hier ausgehalten, genau wie Sie“, so Schmitz.

Herbert Huth war gern Arzt auf dem Dorf. „Das ist die wichtigste Zeit in meinem Leben gewesen“, sagt der Mediziner, „die Menschen haben mir Freude gemacht.“ Huth selbst ist in einem Dorf aufgewachsen, war später in München, Freising und Landshut in Krankenhäusern beschäftigt. „Ich bin im Inneren ein Dörfler geblieben“, sagt er. All die Jahre wohnte Huth direkt über seiner Praxis – gibt es da überhaupt ein Privatleben? „Die Bislicher haben nur in äußersten Notfällen außerhalb der Praxiszeit geklingelt“, sagt er. Und dann, klar, dann war der Landarzt sofort bereit zu helfen.

Viele junge Ärzte wollen lieber in der Stadt arbeiten, wirkliche Landärzte gibt es wenige – die meisten davon bloß im Vorabendprogramm des Fernsehens. Huth schätzt die Vorzüge auf dem Land. „Man bekommt viel mit und viel zurück“, sagt er. „Ich habe die Kinder aufwachsen sehen, kenne die Familien und ihre Geschichte. Das macht es einfacher, sie zu behandeln.“ Seine Tür sei immer offen gewesen, Termine gab es für seine rund 1000 Patienten stets kurzfristig. Sein Dank gilt auch seinen Medizinische Fachangestellte Martina Beermann und Liesel van Marwik – Beermann ist bereits seit 1983 in der Praxis tätig, schon unter seinem Vorgänger Frank Hahn. Kollegin van Marwik arbeitet seit 2008 hier. „Wir sind beide sehr traurig“ sagen die Frauen zum Abschied von Herbert Huth. Martina Beermann habe ihn anfangs vor manchem Fettnäpfchen bewahrt, sagt der Arzt und lächelt.

Und was hat er nun vor mit der vielen Zeit? „Meine Kinder leben in ganz Deutschland verstreut, ich möchte sie besuchen, möchte mehr Kontakt zur Familie haben“, sagt er. Und,  klar, Radfahren. Das steht auch auf dem Programm.

Nachfolger Dr. Wail Saleh ist Facharzt der Allgemein- und Notfallmedizin. In Anstein bei Würzburg – dort hat der 58-Jährige einst studiert – arbeitete er in einer Gemeinschaftspraxis von vier Ärzten. „Wir haben im Umkreis von 50 Kilometern den Notarzt gestellt“, sagt er – da seien schon zehn bis 15 Dienste im Monat zusammengekommen. Notfall-Wundversorgung werde er auch in Bislich anbieten. Zudem ist er seit 20 Jahren Chirotherapeut. 2005 ging Saleh nach Dortmund, seit 1. Januar arbeite er in der Zentralen Notfallaufnahme des Evangelischen Krankenhauses. Weil die Praxis nun zum Medizinischen Versorgungszentrum des EVK gehört, bleibt Saleh Angestellter des Evangelischen Krankenhauses. „Nun suche ich ein neues Glück in Bislich“, sagt der fünffache Vater. Er lächelt. „Für Herbert Huth steht die Tür hier immer offen“, sagt er. Sein Vorgänger scherzt zurück: „Ich weiß wo der Hintereingang ist.“

Herbert Huth und Wail Saleh stehen in einer langen Reihe Bislicher Dorfärzte:

Joseph Evers praktizierte von 1876 bis 1898 im Deichdorf.
   
Auf ihn folgte Bernhard Hesper, der 37 Jahre lang um die Gesundheit der Bislicher bemüht war, 1898 bis 1935.
   
Wilhelm Beisken senior wird manchen älteren Bislichern noch in Erinnerung sein: Er führte die Praxis 39 Jahre lang von 1931 bis 1970.
   
Es folgte Frank Hahn von 1982 bis 1996
   
und schließlich Herbert Huth von 1996 bis 2022.