Auf dem Rhein zu Hause

Auftakt zu unserer neuen Serie rund um den Rhein. Wir haben den Bislicher Fischer Gerd Steinling bei einer Fahrt begleitet.

NRZ-Bericht vom 08.05.2015 von Petra Herzog

Wenn Gerd Steinling nach Feierabend runter zu seinem Boot in der Westerheide geht, dann ist das für ihn auch immer ein bisschen wie Urlaub. Hier, wo im Winter die Wildgänse sicher auf dem See übernachten oder im Frühjahr schon mal ein Nilganspaar brütet. Der 62-Jährige kennt sich aus in der Vogelwelt, zeigt auf einen der Bislicher Störche, der hier gerade seine Runden dreht, und entdeckt gleich darauf einen Austernfischer im Wasser.

Die Fischwelt hat sich verändert
Inzwischen steckt der 62-Jährige in seiner Regenhose und macht die Leinen der „Paling“ los. Das Fischerboot ist sein treuer Begleiter bei seinen vielen Ausflügen auf dem Rhein. Hier kann man den Bislicher nahezu jeden Tag antreffen. Mal geht es ausschließlich zum Fischen, mal zum Netzeflicken, oder es wird einfach das Boot instandgehalten.

Gerd Steinling, der beim Wasser- und Schifffahrtsamt in Wesel als Schiffsführer auf der „Rees“ für die Verkehrssicherheit auf dem Fluss sorgt, ist hier quasi in seinem Element. Mit dem 50 PS-starken Motor auf dem Stahlboot geht es gemächlich raus. Mit Netzen holt er vor allem Weißfische aus dem Wasser. Brassen, Rotaugen, Barsche, Zander und Welse. Seit der Rhein-Main-Donau-Kanal da ist, hat sich die Fischwelt im Rhein verändert, sagt der 62-Jährige, und auch der Golfstrom mache sich bemerkbar. Die Öffnung zum Schwarzen Meer sorgt dafür, dass beispielsweise Grundeln den Anglern das Leben schwer machen. Denn sie saugen sich quasi an ihren Angelhaken fest. Wie zum Beweis steckt beim ersten Stopp an den vier Reusen, die Gerd Steinling für ein NRW-Forschungsprojekt betreut, eine Schwarzmaulgrundel. Ansonsten ist die Ausbeute äußerst mager. Gerade mal zwei Aale haben sich in die Reusen verirrt. Steinling vermisst die Tiere und entlässt sie anschließend wieder in die Freiheit. Mindestens alle zwei Tage werden die Reusen kontrolliert, von denen es fünf weitere am Niederrhein gibt. Der Aal hat sich hier rar gemacht, wohl auch weil Wels und Kormoran den schlangenähnlichen Fisch gern mögen. Aber momentan ist eh kein Aalwetter, dazu müsste das Wasser ein bisschen wärmer sein, sagt der Bislicher.

Steinling mag Fisch natürlich auch auf dem Teller, so wie seine ganze Familie. „Die Zubereitung ist das A und O“, findet er. Denn viele der Fische haben auch viele Gräten, was die meisten ganz und gar nicht mögen. Als Fischfrikadellen oder sehr klein geschnitten sei das alles kein Problem, weiß der Fachmann, der von manchem Fischgericht schwärmt. Einmal etwa habe er einen 15-Kilo-Hecht gefangen. Er wurde von seiner Frau liebevoll gefüllt und gespickt und im Ganzen serviert. „Den haben wir mit 13 Mann gegessen.“

Der Einfluss des Mondes
Der Fischfang steht und fällt mit den Mondphasen - davon ist Gerd Steinling fest überzeugt. Bei Vollmond sieht es mau aus, oder, wie seine Enkelinnen Antonia und Franziska es ausdrücken würden: Das ist eine Niete. Auf Bestellung, so wie Freunde es oftmals denken (Hol’ uns doch mal was), geht da gar nichts. „Das ist doch kein Aquarium, das ist Natur“, sagt der Fischer, den die Möwen so lieben wie er die besagte Natur. Denn häufig, wenn er mit seiner „Paling“ wieder zurückkommt, gibt es für sie die Fischreste. Und das wissen die weiß-grauen Vögel mit dem gelben Schnabel ganz genau...

Präparation - Ein Riesenwels fürs Bislicher Museum
Einen Fang wird Gerd Steinling so schnell nicht vergessen. Er gelang ihm vor rund zwei Jahren. Der Wels, den er damals bei Wesel an Land beförderte, war sage und schreibe 2,20 Meter lang und wog 70 Kilo. Nach einer Zwischenstation in der Kühltruhe ist der Fisch nun im Bonner Koenigmuseum, wo er fachmännisch präpariert wird.
Das Tier soll nämlich wieder nach Bislich zurückkehren und im Museum an der Dorfstraße seinen Platz finden. Die Übergabe möchte Steinling zusammen mit Bislicher Kindern feiern.

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