Bruno Gerwers führt Buch über sein Leben

Den Ex-Stadtdirektor von Hamminkeln lässt der Schreibtisch nicht los. Jeden Morgen sitzt er dort und schreibt in sein Tagebuch. Mehr als 2000 Bilder und 60 Ordner sind in den vergangenen sieben Jahren zusammengekommen.

NRZ-Bericht vom 12.11.2014 von Joachim Freund

Der große Schreibtisch im Wohnzimmer sieht nach Arbeit aus. Und das, wo Bruno Gerwers doch schon vor 15 Jahren aufgehört hat. Aufgehört als Hamminkelns Stadtdirektor, nach sechsundvierzigeinhalb Dienstjahren. Jetzt ist er 76, ein entspannter Gartenliebhaber und Familienmensch, ein akribischer Sammler und Chronist.

„Als Lehrling angefangen, als Chef entlassen“, sagt der Ur-Bislicher über seinen beruflichen Werdegang. Nach der Volksschule begann der Schneider-Sohn 1953 eine Lehre in der Verwaltung des damaligen Amtes Ringenberg. Das führte ihn bis zum Kämmerer-Posten, und dann war er Stadtdirektor - bis die „Doppelspitze“ abgeschafft wurde und nur noch der Bürgermeister übrig blieb. Der amtierende, Holger Schlierf, kam auf sein Anraten vom Landwirtschaftsverband ins Rathaus.

Vom Schreibtisch ist Bruno Gerwers irgendwie nicht los gekommen. „Morgens sitze ich als erstes dort“, sagt er. Und abends noch einmal. Bis zu zwei Stunden täglich. Dann führt er sein Tagebuch. Beginnt mit dem Wetter und der täglichen Kontrollanzeige der Waage und beschreibt später den Tag - Fotos inklusive. Fotografiert hat er schon immer, und das Schreiben macht ihm Spaß.

Rosen und Radeln

Etwa 2000 Bilder kommen pro Jahr zusammen - von seinem Garten, an dem er besonders die Rosen liebt, oder auch von den Fahrrad-Touren, die er mit Ehefrau Hildegard und freitags mit einer Männer-Truppe rund um Bislich absolviert. Bodenständig ist er, fährt lieber 28 Mal zum Bodensee oder nach Neuharlingersiel mit Meerblick als in die fremde weite Welt. Er hatte „noch nie Fernweh, aber öfter schon Heimweh.“

Familienbilder - auch sie fallen im gemütlichen Wohnzimmer auf. Tochter Ulrike wohnt nahe bei und kommt dreimal die Woche zum Frühstück. Sohn Christoph, Bürgermeister in Rees, hat in Haldern gebaut. Fast täglich telefoniert der Senior mit dem Junior, der im Beruf noch mehr Druck spüre als er damals, so Bruno Gerwers. Eine herrliche Zeit sei das gewesen, mit 16 Leuten im Ringenberger Amt. Die Entwicklung sei stetig nach oben gegangen. „Trotzdem haben wir gestöhnt, dass kein Geld da war.“

Der Sohn ähnele dem Vater, sagen die Leute. Der galt als geradeaus, aufrichtig, verlässlich. „Heute würde ich es etwas ruhiger angehen“, sagt Bruno Gerwers, den das kleine Foto vor acht Jahren zeigt.

Die Gerwersche Rathaus-Tradition wird fortgesetzt von Enkel Frank Grootens, mit 21 Jahren nun jüngster Weseler Ratsherr - was sein Opa von 1999 bis 2009 auch schon war. Bis 2007 war die Deichschau ein Betätigungsfeld, und bis vor zwei Jahren der Tennisverein, den er mit gegründet und 28 Jahre lang geführt hat. Sein Sohn nimmt ihn ab und zu mit auf den Golfplatz. Ehrungen häufen sich: für 65 Jahre Mitgliedschaft im SV Bislich, 60 Jahre Schützenverein, 50 Jahre CDU, 40 Jahre Heimatverein.

Als „siebtes Kind meiner Eltern“, zweifacher Vater, vierfacher Großvater und glücklicher Ehemann einer fußballbegeisterten Frau („darüber staunen meine Bekannten immer“) weiß Bruno Gerwers, was Familie bedeutet. Die vereint unter anderem der FC Bayern, dessen Liga-Spiele vor Saison-Start getippt werden. Am Ende wird gemeinsam gegrillt.

Seit 1953 hat Bruno Gerwers die Terminkalender all der Jahre gesammelt. 60 Ordner hat er in sieben Jahren Tagebuch gefüllt. „Nun will ich über mein Leben ein Buch schreiben“, sagt er. „Nur für mich.“

Außer am Schreibtisch sitzt Bruno Gerwers gerne im Wintergarten. Etwa um ein Kreuzworträtsel zu lösen.
Foto: Erwin Pottgiesser

 

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