Das Fährhaus Bislich zieht Bilanz

Die Pächter des beliebten Hauses am Rhein sprechen für eine ganze Branche, die in der Krise steckt. Die Aussichten auf erhebliche Besserung sind mäßig.

Auf der Fährhausterrasse könnte frühestens ab dem 22. März wieder jemand den Blick auf den Rhein genießen.
Foto Thorsten Lindekamp Funke Foto Services
Von Tobias Harmeling

Wesel „Ich tue mich sehr schwer, jetzt wieder anzufangen, ohne dass man eine richtige Perspektive hat“, erklärt Arthur Becker und raucht seine Zigarette. Die neuesten Beschlüsse aus dem Bund-Länder-Treffen lösen noch keine Freuden bei ihm und seiner Frau Britta Juffernholz aus. Zumal die neuen Regeln bisher noch wenig durchsichtig sind. „Da sind noch zu viele Fragen offen, da warten wir jetzt erstmal noch ein paar Tage ab.“

Kurze Neueröffnung

Das Ehepaar betreibt seit einem Jahr das Fährhaus am Bislicher Fährkopf. Am 1. März 2020 öffneten sie ihre Türen und waren voller Elan ihr Restaurant-Konzept mit einem breiten Angebot in der Region zu etablieren. Zwei Wochen später, am 16. März, mussten sie und mit ihnen alle Restaurants bundesweit auf Grund des ersten Lockdowns schließen.

„Wir hatten eine Woche Normalbetrieb, eine Woche Hochwasser ohne Abendgeschäft und dann war Schluss wegen des Lockdowns“, erinnert sich Britta Juffernholz. Den Start im Fährhaus hätte sich das erfahrene Gastronomen-Paar deutlich anders gewünscht. „In fast 40 Jahren Selbstständigkeit hab ich nicht ansatzweise sowas erlebt. Klar, man hatte mal ein schlechtes Geschäftsjahr oder einen verregneten Sommer, aber sowas...“ Arthur Becker winkt ab.

Im März und April 2020 wurde im Fährhaus dann umgestellt auf einen Abholservice. Auch einen Lieferdienst hätten sie zwei Tage ausprobiert, aber durch den abgelegenen Standort des Fährhauses hätte man davon schnell wieder abgesehen. „Wenigstens hatten wir ein bisschen was zu tun. Finanziell hat das aber natürlich nichts gebracht.“, erklärt Becker.

Griff an die Rente

Finanziell gesehen hat dem Fährhaus bisher nur der Sommer 2020 in die Karten gespielt, in dem man annähernd im Normalbetrieb arbeiten konnte. „Ohne den top Sommer, hätten wir nicht bestehen können“, erklärt Becker. Der Rest der Zeit hätte hohe Verluste mit sich gebracht und auch die privaten Geldreserven mussten angebrochen werden. „Eigentlich hatten wir mit dem Geld was anderes vor und das Schlimme ist, das nicht mal irgendjemand was dafür kann“, erzählt Becker. Mit Blick auf ihre Altersvorsorge würde das Paar wahrscheinlich noch zwei Monate klar kommen. „Danach geh ich aber nicht mehr weiter an meine Rente dran, das ist sicher“, so Becker.

Über die Konsequenz aus dieser Überlegung will er aber noch nicht nachdenken. Sie seien eigentlich guter Hoffnung, dass sich die Lage zumindest in soweit wieder dreht, dass man den Betrieb weiterlaufen lassen kann. „In diesem Jahr werden wir aber garantiert auch kein Geld verdienen.“ Zudem hingen an ihrem Geschäft ja nicht nur ihre Existenzen, sondern auch 13 andere, die allesamt in Kurzarbeit sind. Beispielsweise Koch Patryk Gawron, der neben dem Kurzarbeitergeld für seine Familie zur Zeit zusätzlich Plakate kleben geht. „Wenn man an das Sparbuch der kleinen Tochter dran gehen muss, ist das schon echt hart..“, erzählt Gawron. Andere Mitarbeiter aus dem Service würden auf 450-Euro-Basis in einer Chemiefabrik aushelfen.

Laut des Stufenplans der Bundesregierung dürften die Pächter das Fährhaus frühestens ab 22. März je nach Inzidenz wieder öffnen. Bleibt die Inzidenz unter 50, kann die Außengastronomie relativ unkompliziert starten. Bei einer Inzidenz zwischen 50 und 100 können Gäste nur mit Anmeldung und tagesaktuellem Test den Ausblick auf den Rhein genießen. Die Gastronomen wollen in den verbleibenden knapp zwei Wochen noch weitere Beschlüsse und Entwicklungen abwarten, bevor sie den Betrieb wieder hochfahren.

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