Gesichter erzählen Bislichs Geschichte

Im Heimatmuseum sind tausende Fotos und Dokumente auf Bildschirmen abrufbar. Viele Besucher erkennen sich wieder.

Peter von Bein, Leiter des Bislicher Heimatmuseums, mit einer Auswahl alter Fundstücke

Foto: Pottgiesser

WESEL (sz) Schöne, zum Teil sehr, sehr alte Dinge empfangen den Besucher im Foyer des Bislicher Heimatmuseums. Wie die von Menschenhand geformten Steine, vermutlich aus Diersfordter Megalithgräbern, Knochenreste und Bronzefunde aus der Aue, Mammut­ wie Elefantenknochen.

Aber es sind die Gesichter, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen und spontan fesseln: Ernst schauen Frauen und Männer in die Kamera, ihre meist zahlreichen Kinder um sich versammelt, stille Jungs und Mädchen. „Das wollten die Fotografen damals so“, sagt Peter von Bein, Leiter des Bislicher Heimatmuseums. Junge Bräute in schwarzen Kleidern sind hier mit ihren Auserwählten zu sehen – vor 1920 war es üblich in dunkler Kleidung vor den Altar zu treten. Mägde beim Buttern, Gesichter, die von harter Arbeit zeugen, lachende Frauen und Kinder vor einem Haus am Marwick. Viele dieser Gebäude stehen bis heute in Bislich, und kaum ein Name taucht hier auf, den es nicht mehr im Dorf gibt. Peter von Bein hat eine Möglichkeit gefunden, tausende Fotos, die Bislicher Familien zur Verfügung gestellt haben, für jedermann ohne Hilfe zugänglich zu machen. Eine Gelegenheit, die viele gerne nutzen – auf der Suche nach familiären Wurzeln oder einfach, um einen Blick in die Vergangenheit zu wagen. „Wir haben hier die alte Küche, Alltagsutensilien und mehr. Aber das sind alles tote Gegenstände. Wir wollten die Menschen hereinholen“, sagt von Bein.

Das ist ihm gelungen: Heimat, das sind in diesem Museum vor allem Namen und Gesichter. Man sieht nicht nur die Höfe, sondern auch die Menschen, die dort lebten, Bauern wie Knechte. „Bislicher im Porträt“, ist der Titel dieser Ausstellung im Computer, durch die jeder virtuell schlendern kann. „Häufig tun das auch Senioren“, sagt der Museumschef. Manch ältere Bislicherin hat sich selbst als kleines Mädchen auf historischen Fotos wiederentdeckt und konnte Erinnerungen dazu beisteuern.

Andere, „Oma Stuckmann“ beispielsweise, sind schon lange verstorben und doch irgendwie noch in Erinnerung. 1836 geboren, achtfache Mutter und tüchtige Geschäftsfrau: Sympathisch sieht die ältere Frau aus. In der Dorfstraße hatten die Stuckmanns ein Textilgeschäft, einen Kolonialwarenladen und die Kaiserliche Postagentur. Agnes Stuckmann war bis zu ihrem Tod 1926 das unangefochtene Oberhaupt der Familie.

 Immer wieder sind Bislicher vor ihren Häusern abgelichtet, „das zeigt uns auch, wie der Ort ausgesehen hat“, so von Bein. Beispielsweise sind auf einem Bild aus den 1920er Jahren deutlich Strommasten zu erkennen – die Mühlenfeldstraße allerdings war eine matschige Angelegenheit.

Wer sich mehr für die kirchliche Geschichte des Ortes interessiert, kann an einem zweiten Computer forschen. Eine Sammlung von Totenzetteln ist hier unter anderem archiviert. In alten Zeiten verrieten sie viel über das Leben der Verstorbenen. Mitunter auch über deren Todesursache wie bei dem Totenzettel von Elisabeth Holland, geborene van Laak, datiert aus dem Jahr 1844: „Die Krankheit, an der sie starb, war wahrscheinlich eine Folge ihres religiösen Eifers“, ist dort zu lesen. Die Frau hatte 40 Stunden lang in der eiskalten Pfarrkirche gebetet und war anschließend einer Lungenentzündung erlegen.

Eines haben diese Dokumente und Fotos gemeinsam: Fast immer haben sie mit handelnden Menschen zu tun. Sie geben der Geschichte des Dorfes die Gesichter und Namen derer, die sie geschrieben haben

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