Ich bin Niederrhein (22) von Michael Elsing

Ich bin Niederrhein (22)
Vor kurzem habe ich Ihnen an dieser Stelle die Leiden eines niederrheinischen Mannes beim Shoppen geschildert. Eine solche Shopping-Tour lässt sich aber auch aus einer anderen Perspektive beleuchten - nämlich mit dem Mann als Statisten. In dieser Rolle lässt sich das niederrheinische Exemplar in unterschiedliche Kategorien einordnen, die ich Ihnen heute etwas näher bringen möchte.
1. Der Verweigerer - er fährt erst gar nicht mit und hegt daheim die Hoffnung, dass sich sein niederrheinisches Gegenstück beim Shoppen nicht in einen Rausch hinein steigert, der fatale finanzielle Folgen haben könnte. Derweil macht er Kraftübungen, um bei der Rückkehr seiner Frau die Tüten aus dem Kofferraum heben zu können.
2. Der Gelangweilte - er fährt zwar mit, aber das war‘s dann auch schon. Während seine Frau ein Geschäft nach dem anderen abklappert, mimt er den Türsteher und allenfalls noch den Tütenträger. Ehrlich gesagt, ist mir da der Verweigerer noch sympathischer, da sein Handeln wenigstens eine Portion Konsequenz ausdrückt, während der Gelangweilte lediglich die Eingänge etlicher Geschäfte versperrt.
3. Der Unentschlossene - er fährt mit, betritt sämtliche Läden und schaut sich ganz gezielt um. Allerdings nicht nach Kleidungsstücken für sich oder seine Partnerin, sondern nach einem Stuhl. Dort nimmt er Platz und wartet geduldig. Ist keine Sitzgelegenheit vorhanden, wird er unruhig und ist kurz davor, sich zu den Gelangweilten zu stellen. Meistens steht er die Dauer des Aufenthalts aber innerhalb der Geschäftsräume durch. Wenn ihn seine Frau mit ihren neuesten Errungenschaften konfrontiert, lässt er sich sogar zu Bemerkungen wie „schön”, „okay” oder „steht dir gut” hinreißen. Und, ganz wichtig für die Frau: Der Unentschlossene bezahlt meistens, um seiner Anwesenheit einen gewissen Sinn zu geben.
4. Der Schleimer - echten „Mannslü”, wie wir Niederrheiner zu sagen pflegen, sind diese Artgenossen ein wenig suspekt. Denn der Schleimer entpuppt sich als aktiver Begleiter der Shopping-Tour seiner Frau. Er bleibt nicht zu Hause, er steht nicht vor Geschäften herum. Ja, er braucht nicht mal einen Stuhl. Ganz im Gegenteil: Er ist bereits an ihrer Seite, wenn sie sich durch die Regale wühlt. Wenig später steht er unmittelbar vor der Umkleide. Er bringt Sachen zurück, schleppt neue heran und fällt Urteile, die er sogar begründen kann. Allerdings bezahlt er nicht, denn er ist emanzipiert. Dafür murrt er selbst nach fünf Stunden noch nicht, obwohl seine mit Tüten behangenen Hände bereits Schwielen aufweisen.
Jetzt wollen Sie sicher gerne wissen, in welche Kategorie ich mich denn nun einsortieren würde. Dazu kann ich nur sagen: so weit kommt dat noch!
RP vom 13. November 2009

 

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