Kolumne von Michael Elsing

Wenn Schafe zu Besuch kommen…

Wer am Niederrhein lebt, der wird ihnen irgendwann unweigerlich begegnen: Schafe! In der Regel sind sie in der Ausführung einer Heidschnucke oder eines Bentheimer Landschafs auf den Wiesen der Region zu sehen, friedlich grasend, hin und wieder blökend, ganz selten in Hektik verfallend.

Doch es geht auch anders, wie ich unlängst erfahren durfte. Da hatte ich zu Hause mein Auto unmittelbar vor der Garage abgestellt, um es einer gründlichen Reinigung des Innenraums zu unterziehen. Als ich dann voller Tatendrang mit dem Staubsauger in die Niederungen des Autos abgetaucht war, hörte ich plötzlich ein Geräusch. Ich schnellte hoch und schaute direkt in die nichtssagenden Augen eines Bentheimer Landschafs. Und zwar eines der üppigeren Sorte!

Ich bin mir sicher, dass mein Gesichtsausdruck dem Schaf signalisiert hat, dass ich mit einem derartigen Besuch nicht unbedingt gerechnet habe. Es hielt meinem verdutzten Blick dann auch nicht lange Stand und trabte an mir und meinem Auto vorbei, um wenige Meter entfernt wartend auf dem Hof zu verharren. Es dauerte nicht lange und ich erfuhr den Grund. Denn nun machten Schaf Nummer zwei, drei, vier, fünf, sechs und sieben ihre Aufwartung. Sie hielten sich nicht lange bei mir auf und gesellten sich sofort zu ihrem wartenden Kollegen.

Und da stand ich nun also inmitten von sieben Schafen, den Staubsauger in der Hand und mindestens so verunsichert wie die tierischen Gäste. Ich bin dann mal, natürlich mit dem nötigen Respekt, den Staubsauger schwingend, auf die Schafe zugegangen. Für die Schafe war dieses Verhalten jedoch nicht ganz eindeutig. Sie schauten sich gegenseitig an und trippelten nervös auf der Stelle. Ich wiederholte die „Aussage“ mit meinem Staubsauger und machte dabei einen halben, vielleicht sogar einen ganzen Schritt auf die kleine Herde zu.

Zumindest das Führungsschaf schien nun langsam zu begreifen, dass ein längerer Aufenthalt von mir nicht unbedingt gewünscht ist. So zuckelte es also langsam die leicht ansteigende Auffahrt zum Hof hinauf und die sechs Kumpel folgten nach leichtem Zögern. Ich wurde nun mutiger, fand meine Sprache wieder und forderte sie nun, immer noch mit dem Staubsauger bewaffnet, vehement auf, das Grundstück sofort zu verlassen.

Über so wenig Gastfreundschaft offensichtlich enttäuscht, trabten die sieben Schafe nun an, machten aber am Ende der Auffahrt kurz Halt. Spätestens bei der nun folgenden Aktion dachte ich endgültig, ob ich im falschen Film sei oder, von mir selbst unbemerkt, Alkohol zu mir genommen habe. Denn die Schafe schauten an der Straße vorschriftsmäßig nach links und rechts, ehe sie rechts abbogen. Die Wiese, aus der sie entwischt waren, lag zwar in der anderen Richtung. Aber der Hunger, aus ihrem doch recht eintönigen Alltag zu entfliehen, war offenbar noch nicht gestillt.

Ich habe keine Ahnung, ob sie noch gemeinsam in eine Kneipe eingekehrt sind, weitere Besuche gemacht haben oder sich einfach noch ein wenig die Hufen vertreten haben – ich bin kopfschüttelnd zu meinem Auto zurückgekehrt und habe nur gedacht: Verrückter könnte man es auch nicht träumen. Määäh!