Reaktionen von Politik und SV Bislich zum Giftmüll-Verdacht

Hier finden Sie aktuelle Reaktionen von Politik und SV Bislich zum Giftmüll-Verdacht am geplanten neuen Sportplatz, berichtet in der NRZ und RP.

Giftmüll: Politik will Aufklärung in Bislich

RP-Bericht vom 28.02.2013 von Fritz Schubert

Nach dem RP-Bericht vom Dienstag über den Verdacht auf Giftmüll in der früheren Kippe unter dem Bislicher Ascheplatz am Feldwicker Weg überschlagen sich nun die Ereignisse. Ulrich Richartz (CDU) forderte gestern, dass schnellstmöglich Klarheit geschaffen wird. Sollte es eine Gefährdung geben, müsse diese beseitigt werden. Richartz schlägt vor, einen unabhängigen Sachverständigen einzuschalten und bittet auch um einen Bericht, ob es sich um eine überdurchschnittliche Häufung von Krebserkrankungen in dem Gebiet handelt.

Ludger Hovest (SPD) erklärte ebenso, dass die Vorwürfe "restlos aufgeklärt werden" müssten. "Die Behörden müssen Probe bohren. Wenn behauptet wird, dass Dinge nicht korrekt abgekippt wurden, muss die Staatsanwaltschaft eingeschaltet werden. Ich hoffe, dass alles sich in Luft auflöst", sagte Hovest. Bevor der Sachverhalt geklärt sei, könne der neue Sportplatz nicht realisiert werden.

Verdacht auf belastete Abfälle auf Ex-Kippe unter dem Ascheplatz alarmiert CDU und SPD. Bislicher Bresser bestätigt Brüggerts Vorwurf.

Beigeordneter Dirk Haarmann erklärte, dass sich die Stadt schon im Vorfeld des Planverfahrens zum Neubau der Sportanlage grünes Licht vom Kreis Wesel geholt und selber Untersuchungen veranlasst habe. Gleichwohl werde die angekündigte Bodenschürfung nicht an der Oberfläche bleiben, sondern an verschiedenen Stellen bis in vier Meter Tiefe gehen. "Wir legen Wert auf eine dauerhafte Erkenntnis für einen gesicherten Spielbetrieb", sagte Haarmann. "Wir haben nichts von einem Sportplatz, wenn Bedenken bleiben."

Anwohner Detlef Brüggert, der die Vorwürfe erhoben hatte und Mitstreiter beziehungsweise aussagewillige Zeitzeugen sucht, erhielt nach dem RP-Bericht unmittelbar Unterstützung von Heinz Bresser. Der 61-Jährige erinnert sich gut daran, was in den 60er und 70er Jahren alles in der Grube am Feldwicker Weg gelandet ist. Reifen, Batterien, Fässer mit unbekanntem Inhalt und ausrangierte Geräte vom RWE (Transformatoren, Isolatoren, Kondensatoren etc.). Letztere legen für Brüggert den Verdacht nahe, dass PCB oder Quecksilber ins Grundwasser gelangt sein könnte.

Bresser wundert sich, dass kaum ein Bislicher sich erinnern kann oder will. "Alle haben das gewusst und gesehen, alle haben die Kippe genutzt", sagt er. "Man fuhr mit seinem Müll hin und nahm Kies und Sand für seine Wege oder Bauprojekte mit. Da war stets Verkehr." Er schätzt, dass die größten Abfallbrocken in einer Tiefe von 15 Meter liegen, weil sie damals tief ins Wasser geschoben worden seien. Und wenn die Nachbarfläche einst ausgekiest werde, sei mit Strömungsänderung im Grundwasser und noch mehr Gefahren zu rechnen.

Stadt will lückenlose Aufklärung

NRZ-Bericht vom 28.02.2013 von Joachim Freund

Lückenlose Aufklärung will die Stadt, Kontakt zur Staatsanwaltschaft fordert die SPD. Die in Bislich entflammte Diskussion über mögliche Gefahrenstoffe unter dem Ascheplatz, der zum neuen Sportgelände ausgebaut werden soll, zieht Kreise.

Nachdem Anwohner Detlef Brüggert den Stein ins Rollen brachte (die NRZ berichtete), meldeten sich Zeugen. Als Kinder haben sie an und auf der wilden Müllkippe gespielt. Das war damals, Mitte der 60er Jahre ein Abenteuer, zumal es aufgrund der Auskiesung dort Berg und Tal gab. „Bislicher aber auch Hamminkelner haben sich Kies geholt und ihren Müll da gelassen“, sagt Heinz Bresser, heute 61 Jahre alt. Ein Bagger habe den Boden bis zum Grundwasser ausgebaggert. Während der Hausmüll oben landete, seien „die schweren Sachen“ unten gelagert worden: Fässer, Batterien, Reifen, Isolatoren, Trafos, Quecksilberdampf-Gleichrichter.

Anwohner Josef Wissing (59) und seine Spielkameraden haben im unteren Teil der Deponie alte Fahrräder entdeckt, sie zusammengebastelt und mit dort ebenfalls gefundenen Farben angemalt. Während Heinz Bresser die Höhenunterschiede auf bis zu 15 Meter schätzt, erinnert sich Josef Wissing an ein vier bis fünf Meter tiefes, ziemlich großes Loch „hinten rechts auf dem Gelände“. Es diente den Kindern als See, den sie mit ihrem aus Fässern und Holzbrettern gebauten Floß befuhren. Als ein Mädchen dort ertrunken sei, sei das Deponie-Gelände umzäunt worden.

„Tickende Zeitbombe“
Zwei Eisentore habe es gegeben, so Wissing. Durch das eine habe die Bundeswehr Fässer abgeladen, über deren Inhalt und Aufschrift er nichts sagen könne. Er ist Mitglied im Sportverein und will den Sportplatz, aber zunächst müssten die Dinge aufgeklärt werden. Von einer „tickenden Zeitbombe“ spricht Heinz Bresser. Jeder Bislicher wisse von den Dingen. „Aber wenn es zum Eid kommt, haben die alle Alzheimer.“

Aufklärung will auch die Stadt. Zumal vor dem Hintergrund der Büdericher Erfahrungen wolle sie eine sattelfeste Baugenehmigung, sagt der Erste Beigeordnete Dirk Haarmann. Die Stadt habe „kein Interesse daran, die Sache zu entdramatisieren“, sondern „den Anspruch, eine Unbedenklichkeit fest- oder herzustellen“. Die Sportplatz-Planungen fußten auf den Angaben der Kreisverwaltung, zudem habe die Stadt selbst Bodenproben genommen und keine bedenklichen Ausgasungen festgestellt. Wenn es nun plausible, teils neue Anhaltspunkte gebe, müsse ihnen nachgegangen werden. Der Kreis könne „nicht sagen, auch wenn ihr das wollt, machen wir das nicht“.

Verständnis für Anwohner
Die für den 6. März vorgesehene Bodenschürfung werde bis zu vier Meter tief sein, sagt der zuständige Fachbereichsleiter Michael Klessa. Die Kosten trage der Kreis. Sollten weitere Untersuchungen nötig werden, kann es sein, dass auch die Stadt dafür aufkommen muss.

Anders als die Kreisverwaltung rechnet Haarmann nicht damit, „dass da nichts ist“. Folglich könne man mit der für den Sommer vorgesehenen Herrichtung des neuen Platzes derzeit „kaum ernsthaft rechnen“. Vor dem Hintergrund der persönlichen Umstände kann er „Herrn Brüggert gut verstehen“. Dem gehe es nicht um eine Verhinderung des neuen Sportplatzes. Er sehe die Beteiligung der Anlieger an dem Planungsverfahren indes als Chance, dass seinen lange gehegten Bedenken nun nachgegangen werde.

Faerber ist „noch relativ gelassen“

NRZ-Bericht vom 28.02.2013 von Andreas Nohlen

Nachdem von Anwohnern geäußerten Verdacht auf Giftmüll unter dem Sportplatz in Bislich (siehe Lokalteil) sieht sich der Verein SV Bislich neuen Problemen bezüglich der Umwandlung des Ascheplatzes in einen Kunstrasenplatz sowie des Baus eines Vereinsheimes ausgesetzt. Untersuchungen am 6. März sollen klären, wie und ob überhaupt es mit den Umbauarbeiten am Feldwicker Weg weitergeht.

„Im Moment sehe ich das noch relativ gelassen, weil wir da sowieso nichts tun können“, erklärte der SVB-Vorsitzende Hans-Peter Faerber. „Wir als Verein stehen da außen vor. Das ist eine Sache zwischen der Stadt und dem Kreis.“ Und zu dieser Sache an sich meint Faerber: „Es ist schon komisch, dass ausgerechnet jetzt jemand damit kommt und so aktiv wird. Aber wenn da wirklich etwas dran ist, werden auch wir als Verein unserer Fürsorgepflicht gerade den jungen Mitgliedern gegenüber Rechnung tragen müssen.“

Untersuchungen auf dem Ascheplatz selbst wären für die Schwarz-Weißen bereits eine Katastrophe. Denn der Rasenplatz könnte gerade bei diesen Witterungsverhältnissen den Spielbetrieb des SVB nicht aufrecht erhalten.

„Altbekannte Geschichte“
Am Mittwoch war der SVB-Vorsitzende zu einem Gespräch mit dem Ersten Beigeordneten Dirk Haarmann im Rathaus. Ursprünglich sollte es dabei um die weiteren Details der Finanzierungsfragen und Aufgabenteilungen für die neue Anlage gehen. So aber war natürlich auch die mögliche Giftmüll-Problematik ein Thema. „Ich befürchte, dass wir vor den Ergebnissen der Untersuchungen nicht viel machen können. Wie lange sich das hinzieht, wissen wir leider auch nicht“, so Haarmann. „Aber deswegen werden wir jetzt nicht die Bücher zuklappen. Im günstigsten Fall könnte es ja sofort weitergehen.“

Friedhelm Bohländer hat sich in seinen zahlreichen Jahren als Vorsitzender des SV Bislich sehr viel mit dem Thema neue Sportanlage beschäftigt und meint: „Wenn die Sache jetzt stirbt, gibt das nie mehr etwas!“ Der Ehrenvorsitzende des Vereins ergänzt: „Es ist doch eine altbekannte Geschichte: Alle beschweren sich, dass nichts passiert. Aber sobald man in Bislich etwas plant, kommen wieder Leute, denen das nicht gefällt.“

Sportplatz Bislich: "Das wird nie was"

RP-Bericht vom 28.02.2013 von Joachim Schwenk

Unendliche Geschichte um eine neue Anlage für den Dorfverein geht nach dem Giftmüll-Verdacht weiter. "Wir müssen jetzt auch über einen Plan B reden", sagt Vorsitzender Faerber, für den "die Sache einen bitteren Beigeschmack hat".

Der SV Bislich sah sich bereits am Ziel seiner Träume und wollte in den nächsten Tagen mit ersten Arbeiten beginnen. Jetzt droht bei der unendlichen Geschichte um eine neue Sportanlage für den Dorfverein zumindest die nächste Hängepartie. Oder auch mehr. Sven Sextro, seit Jahren Torhüter der ersten Fußball-Mannschaft, befürchtet das Schlimmste. "Das wird doch nie was. . .", kommentierte er auf seiner Facebook-Seite den RP-Artikel, in dem Anwohner Detlef Brüggert den Verdacht äußert, dass Giftmüll unter dem Standort des jetzigen Ascheplatzes am Feldwicker Weg liegen könnte. Dort soll die neue Anlage mit Kunstrasen und Clubheim entstehen.

Für Hans-Peter Faerber, den Vorsitzenden des SV Bislich, hat "die Sache einen bitteren Beigeschmack". Er wundert sich, dass der Anwohner gerade jetzt mit seinen Unterlagen an die breite Öffentlichkeit geht. "Der Mann wohnt seit Jahren da. Doch er meldet seine Bedenken erst jetzt an, da der neue Sportplatz gebaut und auf Lärmschutz verzichtet werden soll", sagt er.

Dass am Standort des jetzigen Ascheplatzes, wo die neue Anlage entstehen soll, eine Müllkippe war, wisse man in Bislich seit langem. "Ich bin alter Bislicher. Ich habe früher auf der Kippe gespielt und Leergut gesammelt", sagt der 59-jährige Clubchef. Sein Vorgänger Friedhelm Bohländer glaubt nicht, dass das Erdreich unter der Anlage belastet ist. "Der Boden wurde ja untersucht, als der Ascheplatz gebaut wurde. Es gab nie Bedenken gegen die Anlage. Ansonsten hätten wir die Jugendlichen des Vereins doch auch nicht zum Training auf Asche geschickt", sagt Bohländer, der von 1999 bis 2010 Vorsitzender des SV Bislich war. Er hat den Eindruck, dass Anwohner Brüggert versuchen will, den Bau der Anlage zu verhindern.

Wie dem auch sei: Die Hoffnungen des SV Bislich, schon zu Beginn der kommenden Saison auf neuem Kunstrasen auflaufen zu können, dürften wohl platzen. "Wir lagen bislang im Plan. Jetzt ist der Termin zumindest stark gefährdet", sagt Faerber. Die Konsequenz ist für ihn, "dass wir auch über einen Plan B reden müssen". Sprich: Der Club will sich Gedanken machen, ob es nicht doch einen anderen Standort für die Anlage gibt. Denn eine lange Hängepartie will der SV Bislich nicht hinnehmen. "Die jetzigen Zustände im maroden Clubheim werden immer schlimmer. Wobei ich Verständnis dafür habe, dass die Stadt da kein Geld mehr rein steckt", sagt Faerber, für den eines sicher ist: "Ohne eine neue Anlage hat der SV Bislich keine Zukunft."

Das sieht auch Steffen Herden, Sportlicher Leiter des Vereins, so. "Wir brauchen den Kunstrasen." Herden war beim Thema nicht so zuversichtlich wie einige Vorstandskollegen. "Ich glaube erst, dass wir eine neue Anlage bekommen, wenn ich mit dem Fuß darauf stehe. Denn wir werden bei der Sache seit 20 Jahren für dumm verkauft", sagt Herden. Er hat Verständnis dafür, dass die Anwohner Klarheit über mögliche Altlasten haben wollen. "Das ist legitim." Doch er fragt sich: "Warum fordern sie das erst jetzt?"

Sportplatz: SV Bislich plant normal weiter

RP-Bericht vom 01.03.2013

Der Verein und die Stadt denken nach Giftmüll-Verdacht noch nicht über Alternativen nach.

Der SV Bislich will die Planungen für die neue Sportanlage am Feldwicker Weg unverändert vorantreiben, obwohl das Projekt wegen möglicher Altlasten unter dem Standort am derzeitigen Ascheplatz zumindest gefährdet ist. "Wir machen erst einmal normal weiter, bis die Ergebnisse der Bodenproben vorliegen. Eine andere Wahl haben wir nicht", sagte Vorsitzender Hans-Peter Faerber gestern. Dies sei am Mittwochabend auch der Tenor bei einem schon länger vereinbarten Gespräch mit dem Weseler Sportdezernenten Dirk Haarmann sowie in der anschließenden Vorstandssitzung des Vereins gewesen.

Der Kreis Wesel wird am kommenden Mittwoch prüfen, ob der Boden an der geplanten Anlage durch Schadstoffe belastet ist. Anwohner Detlef Brüggert vermutet dies. Er hat den Verdacht geäußert, dass auf der ehemaligen Müllkippe unterm Ascheplatz sogar Giftmüll liegen könne.

Der SV Bislich wartet das Ergebnis der Untersuchung nicht nur mit Spannung ab, weil seine neue Sportanlage dadurch im wahrsten Sinne des Wortes auf der Kippe steht. "Es hätte selbstverständlich auch Auswirkungen für unseren aktuellen Sportbetrieb, wenn bei der Probebohrung irgendetwas gefunden werden sollte, das gesundheitlich bedenklich ist. Dann würden wir keinen Fußballer mehr auf den Ascheplatz lassen", sagt Faerber, für den klar ist: "Wenn mögliche Altlasten durch die ehemalige Müllkippe großflächig saniert werden müssten, wäre es das Aus für die neue Sportanlage an diesem Standort."

Trotzdem ist es für den SV Bislich und die Stadt noch kein Thema, über möglich Alternativen nachzudenken. Bis das Ergebnis vorliegt, wollen sie alles versuchen, um im gesteckten Zeitplan zu bleiben. Deshalb soll in den nächsten Tagen schon mit kleineren Vorarbeiten begonnen werden. "Und wenn sich herausstellen sollte, dass der Boden nicht belastet ist, könnte der Startschuss zur Bau der neuen Anlage schnell fallen", sagt Faerber.

 

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