Schöne Visionen oder Utopie?

NRZ Bericht vom 28.11.2009
Planungsbüro stellte Fachausschüssen in Wesel und Hamminkeln das Strukturkonzept des Natur- und Freizeitverbundes vor

Joachim Freund
Margret Brüring
 
 
Wesel/Hamminkeln. Gastronomie, Boot-Verleih, Rad-Routen, Reiten, Camping, Naturerlebnisse und gar eine „weiße Flotte" für Fahrgäste mit Kaffee und Kuchen an Bord - die Ideen für den so genannten Seenverbund zwischen Wesel, Hamminkeln und Rees, werden konkreter. Von einer „schönen Vision" sprach Karl-Heinz Hasibether (SPD), als Werner Schomaker vom Halderner Büro Oekoplan den Politikern des Stadtentwicklungsausschusses das Konzept einer „wassergebundenen Freizeitnutzung" für diesen Raum als ein „hochinteressantes Alleinstellungsmerkmal" vorstellte. In Hamminkeln, wo dies zeitgleich geschah, gibt es dagegen Widerstand.

 

Badestrand und Campingplatz
Die Pläne für die schöne neue Wasserwunderwelt im Rahmen des Strukturkonzeptes des Natur-Freizeitverbundes Niederrhein seien „teils langfristig angelegt", schickte der Referent gleich vorweg. Derzeit geht es um Entwicklungsziele und Projektvorschläge. In Teilen immerhin tut sich schon was. Für den Badestrand Ellerdonksee soll das Planungsverfahren im kommenden Jahr abgeschlossen werden. „Ob dann schon gebadet werden kann, weiß ich nicht", schränkte Schomaker ein. „In einigen Wochen" soll ein hydrologisches Gesamtgutachten klären, ob die beabsichtigten Durchstiche zwischen mehreren Baggerseen möglich sind. Erste Aussagen deuten darauf hin.

 

Der Raum Bislich, Bergerfurth, Diersfordt ist ein Schwerpunktgebiet. Die Vorschläge aus dem Bislicher Dorfentwicklungsprogramm werden aufgegriffen, was unter anderem für eine Variante des „Wohnens am Wasser" gilt. In dem Ort könnte eine von vier Anlegestellen (die übrigen in Diersfordt, Bergerfurth und am Hollandshof) für drei eventuell solarbetriebene Fahrgastschiffe entstehen. Und nebenan ein Naturerlebniszentrum als zentraler Anlaufpunkt des Seen-Dorados für Tages- und Wochenend-Touristen, insbesondere aus dem Ruhrgebiet erwartet werden.
Das Segeln soll über den Diersfordter Waldsee hinaus auch auf Vahnum/Bergerfurth erweitert werden. Tretboote auf dem Ellerdonksee, Surf-Bereiche soll es geben. Im Hollandshof könnte Gastronomie entstehen. Für das angedachte qualitativ hochwertige Campen reicht der Platz hier nicht aus. Eher sei an Dingden oder das Reeser Meer zu denken, so der Referent. Er stellt großes Interesse bei Landwirten fest, sich umzuorientieren, etwa Gäste zu beherbergen, Boote zu verleihen oder zu reparieren. „Zwölf bis 15 Familien" warteten auf diese Chance.
Die Vorschläge seien naturverträglich umzusetzen der Vogelschutz zu beachten.
In den Kernflächen für Biotop- und Artenschutz dürfe kein Tourismus stattfinden. Ausgleich für Eingriffe in die Natur sollen der nicht länger für eine Kraftwerk-Ansiedlung vorgesehene Bereich in Vahnum plus angrenzende Flächen „tiefer gelegt" werden, so dass dort wechselfeuchtes Grünland entsteht, das für den Vogelschutz besonders wertvoll sei. Geschehen soll dies durch Auskiesung bei gleichzeitigem Verzicht auf eine Abgrabung im Bereich Marwick. Zweifeln, dass Letzteres realistisch sei, begegnete Schomaker mit dem Hinweis, Kiesunternehmen wirkten an der Entwicklung der Pläne mit.

 

                               Die Ausgrabungen und ihre Folgen für Bislich sind klar erkennbar.      

Luftbild Hans Blossey
 
Noch keine Zustimmung
Der touristische Erschließung der Seen, die durch die Auskiesungen im Bereich Dingden und Loikum entstehen, standen die Mitglieder des Hamminkelner Stadtentwicklungsausschusses eher skeptisch gegenüber. Während die Fraktionen die Routen fürs Radfahren. Wandern und Reiten durchaus akzeptierten. gab's bei den Stichworten Campingplatz, Wasserski, Surfen und Segeln auf den Baggerseen deutliche Ablehnung. Fünf bis zehn Hektar würden für die Campingplatz-Ausweisung erforderlich sein, stellte Schomaker fest. Dafür käme der Bereich östlich des Rissenweges in Frage. „Wir haben genug Erfahrung mit Campingplätzen und hier unsere eigenen Baustellen", winkte Dr. Dieter Wigger (CDU) gleich ab. Einen großen Nachteil machte Rainer Hecheltjen (FDP) aus: „Sie haben mit den betroffenen Landwirten nicht gesprochen. Vieles ist zu utopisch.
Mit dem Konzept verliere Hamminkeln seine Planungshoheit nicht, versicherte Bürgermeister Holger Schlierf. „Aber wir müssen etwas überlegen, um diese Flächen nutzbar zu machen. Das ist ein Konzept, an dem wir arbeiten können. Es ist keine Bevormundung.“
 
 
Verständnis für den Unmut seiner Kollegen äußerte Werner Opalka (CDU). Man bekomme als Letzter vor Ort die Informationen und müsse diese „im Blindflug" weitergeben. Das Konzept schüre Erwartungshaltungen, konstatierte Manfred Müser (Grüne). Erst im kommenden Jahr will der Ausschuss eine gemeinsame Aussage zum Konzept machen, weil man zuvor „die Bürger mitnehmen will.

 

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