Suche nach optimaler Deichhaut

Der Deichverband Bislich-Landesgrenze möchte an zwei Forschungsprojekten teilnehmen. Es geht darum, Handlungsempfehlungen für die Praxis zu erhalten.

Rees/Emmerich. Der Aufbau der Deiche wurde in den vergangenen Jahren optimiert – so dass sie dem Wasserdruck besser standhalten und somit Mensch und Gut besser schützen. Waren die Deiche früher gänzlich aus Lehm, so besteht bei der neuen Deichgeneration der Kern aus Sand, der zur Landseite hin in Kies übergeht. Was, wie man inzwischen festgestellt hat, eine andere Vegetation auf dem Deich grünen und blühen lässt. Nämlich eine, in der vermehrt auch Kräuter vorkommen.

Ist die neue krautige Vegetationsdecke genauso sicher wie die alte dichte feste Grasnarbe, die sich auf dem lehmigen Untergrund bildete? Diese Frage scheidet die Geister. „Die Umweltexperten meinen ja, wir vom Deichverband haben zumindest Bedenken“, sagt Holger Friedrich, Geschäftsführer des Deichverbands Bislich-Landesgrenze (DV BL). Schließlich sehe man im Winter bei der krautigen Vegetationsdecke freie Bodenstellen, so Friedrich. Aufgefallen war die winterlich ungebundene Decke erstmals im Bereich Bislich. Der DV hofft, dass man nun durch eine Studie klären kann, wie gut eine krautige Vegetationsdecke wirklich ist. Derzeit arbeitet man daran, einen Antrag zu formulieren, um entsprechende Fördergelder beim Land zu bekommen. Durchführen würde die Studie die Hochschule Rhein-Waal mit Sitz in Kleve und Kamp-Lintfort in Zusammenarbeit mit der Rheinisch-Westfälisch Technischen Hochschule Aachen und dem hiesigen Deichverband.

Der Arbeitstitel soll in etwa lauten: Einfluss der Vegetationsdecken für die Widerstandsfestigkeit von sanierten Rheindeichen bei Hochwasser. „Das Ziel ist es, Empfehlungen für die Praxis zu erhalten“, erklärt Friedrich. Dabei geht es um die richtige Saatmischung beim Einsäen des neu aufgebauten Deichs, um die Menge des aufzubringenden Saatguts, die Art und Dosis der Nährstoffe, um die optimale Bewirtschaftung der Deiche. „Gerade durch das Einbinden der Hochschulen erhoffen wir uns fachlich unabhängige und kompetente Aussagen“, so Deichgräf Herbert Scheers.

Hochschule Rhein-Waal
Inzwischen schielt der Deichverband noch nach einem weiteren wissenschaftlichen Projekt. Auch hier fehlen – noch – die Fördergelder. Es geht um ein Interreg V-B-Projekt namens European Smart Dikes. „Wie beim Smartphone, soll auch der Smart Dike leistungsfähiger sein“, sagt Holger Friedrich. Das Projekt, bei dem unter anderen die Radboud Uni Nijmegen, die Hochschule Rhein-Waal, Deltares und der Deichverband Bislich-Landesgrenze zusammenarbeiten wollen, will ein ähnliches Problem beleuchten. Auch hier geht es darum, praxisorientierte Handlungskonzepte zu entwickeln. Wieder steht der neue Deichaufbau mit Sandkern im Fokus der Forschung. „Weil man noch kaum Erfahrungen mit dem neuen Deich hat, will man nun herausfinden, wie er sich bei Stress verhält“, erklärt Friedrich. Stress für den Deich bedeutet lange Sonneneinstrahlung, lang anhaltender Regen, Hochwasser auf der krautigen Grasnarbe.

Eines steht fest: Der Deich der neuen Generation kann bei Sonneneinstrahlung schneller austrocknen wegen seines sandigen Kerns, bei Regen kann er weniger Wasser als sein lehmiger Vorgänger speichern und wenn bei Hochwasser seine krautige Grasnarbe längere Zeit gänzlich unter Wasser steht, soll auch hier seine Widerstandskraft unter die Lupe genommen werden. Um mit praxisorientierten Empfehlungen den Deich weiter zu optimieren – zum Schutz der Menschen und ihrer Habe vor Hochwasser.

Maria Raudszus