Wo Onkel Philip abgeschossen wurde

Dass ihr Onkel irgendwo am Niederrhein gefallen war, das wusste die Amerikanerin Marsha Funk. Vor einem Jahr bekam die Familie dann die Nachricht, dass das Flugzeug gefunden wurde. Jetzt suchte Funk Spuren in Hamminkeln.

Marsha Funk (2.v.l.) im Gespräch mit Erich Winter (v.l.). Rolf Clostermann und Ortwin Nissing von der Stadt Hamminkeln    Foto MW

Hamminkeln/Wesel (gasch) Ihren Onkel hat Marsha Funk nie kennengelernt. Er starb, bevor die Amerikanerin und ihr Bruder geboren wurden. Zu ihrer Kindheit gehörte der Onkel dennoch fest dazu, spielte in der Familie eine wichtige Rolle, erinnert sich die sympathische blonde Frau in den 50ern. „Ich hatte ein Bild von ihm in meinem Kinderzimmer hängen und mein Bruder wurde sogar nach ihm benannt.“ Was genau mit ihrem Onkel passierte, das wusste Marsha Funk lange Zeit nicht. Bis vor kurzem.

Gemeinsam mit ihrem Mann John begab sich die Amerikanerin auf Spurensuche und kam im Rahmen dessen nun auch nach Hamminkeln und nach Bislich. Denn dort stürzte Philip Sarrett im Alter von 23 Jahren bei der Luftlandung im März 1945 ab und starb. Dass der Onkel, der aus dem kleinen Ort Ada in Oklahoma stammt, als Soldat im Zweiten Weltkrieg war und unter anderem den „D-Day“ in der Normandie miterlebte, wusste seine Nichte. „Und dass er danach irgendwo am Niederrhein abstürzte.“

Vor mehr als einem Jahr erhielt die Familie dann die Nachricht, dass das Flugzeug gefunden wurde. Seither hat Marsha Funk zahlreiche Kontakte nach Europa - unter anderem zur Stadt Hamminkeln - und erfuhr schließlich auch, wo genau ihr Onkel im März 1945 abstürzte und starb. Dort, wo heute Apfelbäume der Familie Clostermann an der Straße Jöckern in Bislich stehen, ging Philip Sarretts Flugzeug im März 1945 zu Boden. Mit Tränen in den Augen legte Marsha Funk dort gestern eine Rose für den Onkel nieder und sprach mit Erich Winter, der auf dem benachbarten Hof lebt und die Luftlandung als damals zwölfjähriger Junge miterlebte.

Wie das Flugzeug abstürzte, sah Erich Winter aber nicht. Mit seiner Familie hatte er sich nämlich während der Luftlandung im Bunker auf dem Hofgelände versteckt, den der Vater gebaut hatte. Irgendwann seien kanadische Soldaten gekommen, die am Boden im Einsatz waren, während die Amerikaner flogen. „Wir mussten dann alle raus aus dem Bunker. Mein Vater hat mit einer weißen Fahne gewunken“, erinnert sich der heute 82-Jährige. Und auch wenn die Schießgeräusche aus der Umgebung ihm unheimlich waren, wirklich Angst habe er nicht gehabt, berichtet Erich Winter. „Die Soldaten waren alle sehr human und nett zu uns.“ Das sei gut zu hören, fand Marsha Funk. Sehr aufregend und bewegend sei es für sie, die Absturzstelle zu sehen und zu hören, wie die Menschen vor Ort die „Operation Varsity“ erlebten, sagte die Amerikanerin, die mit ihrem Smartphone das Gespräch mit Erich Winter aufzeichnete, um es zu Hause ihrer Familie vorzuspielen. „Meine Mutter Margaret wäre gern mitgekommen“, sagte Marsha Funk. Doch mit 94 Jahren wäre die Reise für sie zu anstrengend gewesen.

Onkel Philip wurde übrigens zunächst in den Niederlanden begraben, wie die anderen gefallenen amerikanischen Soldaten. Seine Familie holte ihn aber in die USA und setzte ihn dort in der Heimatstadt Ada bei.

 

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