Atommüll: Wesel als Option?

Die Stadt taucht ebenso wie Nachbarkommunen in einem Bericht über potenziell mögliche Gebiete für Lagerstätten auf. Die Nachricht sorgt im Rathaus für Aufregung. Westkamp kündigt Widerstand an.

Teile des Kreises Wesel, darunter auch Bereiche der Stadt Wesel, erfüllen die geologischen Mindestanforderungen für ein atomares Endlager. Das sorgt in Wesel für Widerstand. 

Von Rita Meesters Foto Hans Blossey www.blossey.eu

Wesel Die Nachricht sorgte am Montag in Wesel für Aufregung: Seit drei Jahren suchen Wissenschaftler der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) nach möglichen Standorten für Atommüll-Endlager. Dafür wurden in ganz Deutschland Regionen nach ihren geologischen Besonderheiten untersucht um herauszufinden, welche Bereiche die Mindestanforderungen erfüllen. Nun liegt eine Karte mit möglichen Standorten vor – und Wesel ist dabei.

Auch wenn die deutschlandweit insgesamt 90 Gebiete erst mal nur theoretische Möglichkeiten sind: In der Hansestadt formiert sich schon der Widerstand. „Ich bin empört“ schimpfte am Montag Bürgermeisterin Ulrike Westkamp.

Auf der Karte, Teil eines Zwischenberichtes der BGE, sind große Bereiche des Weseler Stadtgebietes und darüber hinaus hellblau markiert. Das bedeutet, dass das so genannte Wirtsgestein im Boden, also die potenzielle Hülle einer solchen Lagerstätte, aus Steinsalz besteht. In der Umgebung von Wesel gibt es bekanntlich Salzlagerstätten und Salzabbau. Daher kommt die Gegend für die Wissenschaftler offenbar als möglicher Lagerstandort infrage. Im Bereich Bislich/Flüren ist eine größere Fläche lila markiert – das bedeutet Tongestein. Drei Gesteinsarten halten die Geologen der BGE laut Medienberichten als Hülle für Lagerstätten für sicher: Salz, Ton und Granit. Auch Bereiche von Hamminkeln und Schermbeck sind auf der Karte farbig markiert.

Dass Wesel auf der Karte der potenziell geeigneten Gebiete auftaucht, hat auch das Weseler Rathaus am Montag völlig überrascht. Bürgermeisterin Ulrike Westkamp kann darüber nur den Kopf schütteln. „Laut Regionalplan ist in Wesel so gut wie alles nicht erlaubt.“ Sie nennt Beispiele: Windkraftanlagen dürfen nicht errichtet werden, die weitere Auskiesung in Pettenkaul und die Abgrabungs-Pläne in Bislich-Vahnum werden nicht genehmigt. Ebenso schwierig sei es, neue Gewerbegebiete auszuweisen. Und nun denkt man über Atommüll nach? „Es wird immer mit der schönen Landschaft argumentiert. Das wäre der Tod unserer schönen Landschaft“, ärgert sich Westkamp. Aus dem Radio habe sie von der jetzt publizierten Karte erfahren.

Den Überlegungen erteilt Westkamp direkt eine Absage: „Ich bin strikt dagegen. Ich habe früher selbst gegen Atomkraft demonstriert.“ Im Rathaus wird der gut 500 Seiten starke Bericht nun durchgearbeitet, anschließend will die Bürgermeisterin die Fraktionsvorsitzenden zu einer außerordentlichen Sitzung einladen, um zu beraten, wie man weiter vorgehen kann. Auch wenn die Suche nach Lagerstätten ein Prozess ist, der viele Jahre dauern wird, will die Bürgermeisterin schnell handeln – noch bevor sich der neue Rat konstituiert hat.

Rückenwind wird sie auf jeden Fall von der SPD erhalten: SPD-Chef Ludger Hovest spricht sich ebenfalls für „härtesten Widerstand“ aus. „Wir sind schon ein stark belastetes Gebiet, das Gebirge in Wesel ist in Bewegung und daher ungeeignet“, sagt er mit Blick auf die Salzlagerstätten. Die 30 Jahre lange Diskussion um Gorleben habe gezeigt, dass die Politik in Berlin unfähig sei, ein solches Projekt zu planen und umzusetzen. Er verweist auf sichere Lagerstätten in Frankreich, England, Schweden oder Russland, wo deutscher Abfall entsorgt werden könnte.

Kategorie: