Kindheitserinnerungen werden bei Weselerin wach

Beim Internationalen Museumstag gab’s für die Besucher in Bislich neben spannenden geschichtlichen Erläuterungen auch frisch gebackenes Brot.

NRZ-Bericht von Johannes Kruck, Foto: Gerd Hermann

Die neue Leiterin des Bislicher Deichdorfmuseums, Dr. Barbara Rinn-Kupka, hätte sich bei dem ersten von ihr organisierten Internationalen Museumstag „beständigeres Wetter und einen anderen Termin als Muttertag“ gewünscht. Dann wäre die Resonanz sicher besser gewesen.

Denn die 15 Helfer hatten sich mächtig ins Zeug gelegt, um den Besuchern aus Nah und Fern einiges Spannende in dem Deichdorf zu bieten.

Unter anderem bot Rinn-Kupka selber mehrere Führungen an, Kreativkünstlerin Carla Gottwein aus Rees leitete den Workshop „Fahnen und Wimpel selbst gestalten“.

Museum statt Radtour mit der Freundin im Regen

Doch auch ohne solche Zusatzangebote zog es Gäste ins Museum. So wie Anna Kübler. Die 74-Jährige aus Wesel entschied sich Sonntag recht spontan zu dem Besuch an der Dorfstraße in Bislich: „Eigentlich wollte ich mit meiner Freundin eine Radtour machen, aber die hat wegen des Wetters abgesagt. Da fiel mir der Museumstag ein.“

Und was schätzt sie besonders an dem kleinen, aber feinen Museum?

„Hier gibt es viele Dinge, die ich noch von früher kenne. Da kommen dann bei mir Kindheitserinnerungen auf – das freut mich jedesmal aufs Neue“, erklärt Kübler.

Neben dem Hauptgebäude standen das Rheindeichmuseum, das Ziegelmuseum, das Backhaus, die ornithologische Ausstellung und auch die Schmiede Kock kostenlos für das Publikum zur Verfügung.

Im Haupthaus gibt es mehrere Themenbereiche, wie Hugo Lemken (83) erläutert, während er Besucher durchs Museum führt.

Er weiß viel und kann alles mögliche erklären. „Sie kennen doch garantiert den Spruch ,Leg mal einen Zacken zu!’ – doch wissen Sie auch wo das herstammt?“, fragt er. Dann zeigt er einen Kochtopf über einer Feuerstelle, der höhenverstellbar ist – dank zahlreicher „Zacken“. Wenn die Hausfrau vor rund 150 Jahren das Essen schneller gar haben sollte, wurde der sprichwörtliche Zacken zugelegt, der Topf tiefer gehängt – und die Suppe war eher gar.

Erste Fußbodenheizung: Eine Holzkiste mit Löchern

Dann holt Lemken eine stabile, etwa schuhkartongroße Holzkiste mit Löchern im Deckel, einer Klappe und Tragebügel.

Der Besucher rätselt, wofür dies gut sein soll. „Das war die erste Fußbodenheizung“, verrät der 83-Jährige und klärt auf: „Vor über 100 Jahren haben die Frauen sich auf dem Weg zur Kirche beim Bäcker einen heißen Stein aus dem Backofen geliehen, diesen in die Holzkiste gelegt und dann – dank der Wärme aus den Löchern – während der Frühmesse ihre Füße damit gewärmt.“

Es gibt noch viel mehr Spannendes zu erfahren – etwa von der Bislicher Milchpipeline oder vom Bislicher Kranken-Unterstützungsverein. „Das war der Vorgänger der Krankenversicherung, sowas gibt’s sonst nirgendwo auf der Welt“, sagt Hugo Lemken nicht ohne Stolz.

>>> BACKEN NACH GEFÜHL UND AUGENSCHEIN:

Verwöhnt wurden die Besucher gestern im Bislicher Museum auch kulinarisch. Die Backgruppe aus Bäckern und Heizern demonstrierte nicht nur das Handwerk vergangener Zeiten im stilecht nachgebauten Backhaus. Die Gäste durften das nur nach Gefühl und mit Auge gebackene Brot auch kosten.

 

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