LVR-Landesmuseum Bonn: Bodi aus Bislich

Bis Oktober zeigt das LVR-Landesmuseum Bonn „Das Leben des Bodi“. Grundlage sind spektakuläre Funde aus frühmittelalterlichen Gräbern in Bislich.

NRZ-Bericht vom 24.03.2023 von Rita Meesters, Fotos: rme / Jürgen Vogel (LandesMuseum Bonn)

Schon vor 50 Jahren wurden in Bislich 867 frühmittelalterliche Grabstellen ausgegraben. Nun rückt ein Teil der zahllosen Fundstücke aus dem sechsten Jahrhundert den Weseler Ortsteil und besonders einen seiner Bewohner ins Zentrum einer Ausstellung des LVR-Landesmuseums Bonn: „Das Leben des Bodi“ begibt sich auf die Spuren eines mächtigen und wohlhabenden Kriegers, der das Frankenreich gegen Feinde verteidigt hat. Die rund 400 Exponate, teils nur Fragmente, sind das Ergebnis einer „vieljährigen Forschungsleistung“, erläuterte Museumsleiter Dr. Thorsten Valk bei der Eröffnung. Zu den sensationellsten Stücken gehören ein Siegelring und die Rekonstruktion von Bodis Schutzpanzer - die eine echte Überraschung ist.

Die Ruhestätten aus mehreren Jahrhunderten in Bislich wurden bereits von 1972 bis 1974 von Teams des Rheinischen Landesmuseums ausgegraben. Die dazugehörige Siedlung bestand zur Zeit des Bodi um 600 nach Christus jedoch nur aus wenigen Gehöften mit nicht einmal hundert Bewohnern, lag aber an einem strategisch wichtigen Punkt am Rande des Frankenreiches und an damaligen Verkehrswegen.

Rund 300 Fundkisten lagern im LVR-Museum Bonn, mit zum Teil nur winzigen, kaum identifizierbaren Exponaten, erklärt die Kuratorin der Ausstellung, Dr. Elke Nieveler. Moderne Techniken brachten in den letzten Jahren ihre wahren Werte ans Tageslicht – besonders für die Forschung.

Siegelring überstand die Plünderungen der Bislicher Gräber

Das Aushängeschild der Ausstellung ist der Siegelring mit dem Namenszug Bodi, der auf germanische Wurzeln des frühen Bislichers hindeutet und erstaunlicherweise die zerstörerischen Plünderungen durch Grabräuber überstanden hat. Bodi bedeutet so viel wie „herrschen“. Auf dem Ring ist eine Büste im Profil zu sehen – angelehnt an römische Herrscherbilder. Weitere Schmuckstücke wie zum Beispiel eine Kette und ein goldener Ring, Teile eines goldenen Colliers oder goldene Fibeln (Kleiderschließen) wurden in den Gräbern aus Bodis Zeit entdeckt. Ein besonderes Exponat ist auch eine gläserne Trinkschale, in deren Mitte eine kleine Vogelfigur platziert ist. Erstaunlicher Luxus für die kleine Siedlung, der möglicherweise Kriegsbeute sein könnte, so Elke Nieveler im NRZ-Gespräch.

Zu den ungewöhnlichsten Stücken gehört der Lamellenpanzer aus Eisen, der Bodi gegen die Attacken seiner Feinde geschützt hat. Rund 250 Metallteile sicherten die Archäologen vor fünf Jahrzehnten, nach und nach konnten sie schonend vom Rost befreit werden. Dadurch war es möglich, den 15 Kilogramm schweren Panzer zu rekonstruieren: Die 1200 Eisenlamellen wurden von Lederbändern zusammengehalten, der Panzer war flexibel und bot auch auf dem Pferd Bewegungsfreiheit. Das Stück hat echten Seltenheitswert, denn nördlich der Alpen wurden solche Panzer nicht hergestellt. Die Forscher vermuten, dass Bodi auch am südlichen Ende des Frankenreiches im heutigen Italien gekämpft hat.

Archäologische Funde aus Wesel-Bislich liefern neue Erkenntnisse

Diese Funde und die Reste seines Schwertes lassen auf eine hohe Stellung schließen, Bodi gehörte zu den ranghohen Gefolgsleuten des Königs. Sein Pferd war allerdings weniger stattlich: Mit einer Widerristhöhe von 1,35 Meter entspricht es eher einem heutigen Deutschen Reitpony, berichtet Elke Nieveler. Das konnten die Archäologen anhand von Knochenresten feststellen. Als Nachbau zu begutachten ist ein hölzerner Frauensattel, dessen metallische Verzierungen als Original im gleichen Schaukasten zu bestaunen sind. Auch er belegt den Reichtum der frühmittelalterlichen Bislicher Oberschicht. Der Winkel der Seitenbretter legt nahe, dass die Dame als Reittier mit einem Maultier vorlieb nehmen musste.

Viele der Exponate sind nur noch Fragmente, der feuchte Bislicher Boden hat einen Großteil zersetzt. Auch menschliche Knochenreste sind aus dem Gräberfeld kaum erhalten. So weiß man über das persönliche Leben des Bodi eher wenig. Es ist nicht bekannt, ob er im heutigen Bislich geboren wurde, wie alt er wurde und woran er gestorben ist. Auch die Frage, ob er verheiratet war, bleibt unbeantwortet.

Frühmittelalterliche Funde aus Bislich werden durch Vergleichsfunde aus Europa ergänzt

Trotz ihres bruchstückhaften Erhaltungszustandes sind die Funde aus Wesel für die Forscher so bedeutsam, dass sie darauf eine ganze Ausstellung aufbauen. Ergänzt werden die Exponate durch zahlreiche gut erhaltene Vergleichsstücke aus ganz Deutschland und aus Europa. So belegen Glasscherben und Reste von Schankeimern für Bier die Gastfreundschaft des Bodi. Er hat wohl gerne großzügig zum Gastmahl eingeladen, was damals etwa beim Vertragsabschluss üblich war. Da die Gläser selbst nicht erhalten sind, hat sich das Museum einen damals verwendeten gläsernen Rüsselbecher aus dem Berliner Bode-Museum geliehen. Glasscherben im Grab des Bodi lassen vermuten, dass er sogar mit einem Glas in der Hand bestattet wurde – auch das ist ein Symbol für Wohlstand.

Viele Fundstücke aus dem Bislicher Gräberfeld lagern noch im LVR-Landesmuseum Bonn. Darunter sind weitere spektakuläre Stücke wie die Reste eines Wagens aus einem Frauengrab. Weitere Gräber lassen sich Frauen zuordnen und sie haben Kuratorin Elke Nieveler auf eine Idee gebracht: Sie möchte eine weitere Ausstellung auf die Beine stellen – über die Frauen aus Bislich.

Das LVR-Landesmuseum in Bonn an der Colmantstraße 14 - 16 ist von Dienstag bis Sonntag (und feiertags) von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintrittspreis beträgt 10 Euro, ermäßigt 7,50 Euro (Eintritt bis 18 Jahre frei). Weitere Informationen rund um die Ausstellung, die bis zum 15. Oktober gezeigt wird, gibt’s auf der Website lmb.lvr.de

Forschungslabor erklärt die Archäologie am Beispiel der Bislicher Funde

Ein Anliegen der Ausstellung in Bonn ist es auch, anhand der Bislicher Funde die Arbeitsweise der Archäologie zu erklären und nachvollziehbar zu machen. Ein Forschungslabor erlaubt Einblick in die Arbeit der Fachleute, Kinder und Erwachsene können hier auch selbst zur Tat schreiten. An mehreren Mitmachstationen dreht sich alles um moderne naturwissenschaftliche Methoden. Das Museum unterhält eine der modernsten Restaurierungswerkstätten in Europa. Zur Ausstellung gibt es auch einen umfangreichen Katalog und ein Begleitprogramm. Infos hierzu unter lmb.lvr.de/Veranstaltungen

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