Storchenheimat Niederrhein

Kreis Wesel.   Meister Adebar ist wieder da. Nachdem er hier viele Jahrzehnte nicht gebrütet hat, entwickelt sich die Region immer mehr zum Storchenland.

Niederrhein - Storchenland? Es scheint tatsächlich so zu sein, dass der Vogel mit den langen Beinen die platte Landschaft mit ihren breiten Auen mehr und mehr zu schätzen weiß.

Storchenpaar auf seinem Nest an der Bislicher Kirchenwoy. Foto Hans Glader

Seit Heimatvereine und Privatleute ihr Herz für Meister Adebar entdeckt und an vielen Stellen Quartiere in Form von hohen Nisthilfen bereitet haben, jagt eine Erfolgsmeldung die andere. Hans Glader von der Biologischen Station im Kreis Wesel, der die Dingdener Heide kennt wie kaum ein anderer, freut sich darüber ebenso wie die meisten Niederrheiner. Immer wieder setzt er sich ins Auto, um zu überprüfen, ob die Nachrichten, die bei ihm eingehen, auch stimmen, um einfach nach dem rechten zu sehen und natürlich, um hinreißende Fotos zu schießen.

Ringenberg und Dingdener Heide
War einst fast nur die Bislicher Insel in Xanten das Dorado für Störche, gibt es nun ein Gleichgewicht zwischen linker und rechter Rheinseite. Vier Paare auf der Bislicher Insel, eines im Nest auf dem Büdericher Trafo-Turm. Rechtsrheinisch ist Bislich längst die Storchenhochburg, was die Bewohner im Dorf am Deich dazu bewogen hat, eine Storchenroute auszuarbeiten, damit möglichst viele Menschen die hübschen Tiere bewundern können. Drei der fünf Nester sind bereits mit Paaren belegt. Hinzu kommt je ein Paar in Ringenberg und in der Dingdener Heide.

Doch der Zuzug der Störche ist ja noch nicht abgeschlossen, weiß Storchenexperte Hans Glader. Bis Mitte, Ende April könne sich da durchaus noch was tun, sagt der Mann aus dem österreichischen Millstatt in Kärnten, der in Isselburg-Werth eine neue Heimat gefunden hat. In den vergangenen Tagen tourte er mit seinem Storchenvortrag durch die Lande, war im Museum Bislich und auf der Bislicher Insel. Linksrheinisch gab es einen solchen Andrang im Naturschutzzentrum, dass noch Stühle herbeigeholt werden mussten. „Das ist einfach spannend“, freut sich Hans Glader über die Resonanz. „Und die Leute sind hellauf begeistert.“ Er selbst ist es natürlich auch, sonst hätte er nicht zusammen mit vier weiteren ornithologisch Begeisterten die Stiftung Störche NRW gegründet.

Es begann mit einem Paar in Zyfflich
Ein kurzer Blick zurück: Über mehrere Jahrzehnte wurde am Niederrhein kein einziger Weißstorch gesichtet. Bereits 1929 beklagte ein Ornithologe namens Fuchs in der Zeitschrift „Natur am Niederrhein“, dass seit Menschengedenken keine Weißstorch-Brutnachweise für unseren Bereich bekannt geworden seien. Da war der Jubel groß, als 1996 in Zyfflich im Kreis Kleve plötzlich wieder ein Storchenpaar brütete. Das Duo wurde im ganzen Land bekannt: Immer wieder gab es neue Geschichten von der Storchenbrut.

Es sollte noch sechs Jahre dauern, dann ließ sich das erste Storchenpärchen auf einem Baum auf der Bislicher Insel nieder und gründete eine Familie. Jetzt ging es Schlag auf Schlag. Die Bereiche entlang des Rheins wurden von immer mehr Weißstörchen entdeckt. Doch nicht nur dort, auch um Minden-Lübbecke, im Münsterland und im Paderborner Land werden die langbeinigen Vögel vermehrt heimisch.

Um ihnen eine gute Unterkunft mit allen Annehmlichkeiten, die ein Storch braucht, zu bieten, möchten die Stiftungsmitglieder Bereiche vernässen oder wieder vernässen, Grünland erhalten und auf diesen Flächen nur extensive Nutzungen zulassen. Denn fast alle Storchenpaare haben sich in Naturschutzgebieten oder unmittelbar daneben niedergelassen, berichtet Hans Glader. Schließlich gibt es dort genügend Nahrung. Wenn die Jungen auf der Welt sind, müssen die Eltern nämlich stets in der Nähe bleiben und dort auch Regenwürmer, Insekten und Käfer finden, die im Kropf vorverdaut und dann an die Kleinen verfüttert werden. Später gibt’s feste Nahrung in Form von Maulwürfen und Mäusen. Ja sogar die mittlerweile im Rhein anzutreffenden Wollhandkrabben hat Glader schon in einem Nest entdeckt. Denn Störche fressen, was sie kriegen können, sagt er. Sie sind Allesfresser.

Viele von ihnen sind im Herbst gar nicht erst in den Süden geflogen. Offenbar kennen sie die milden niederrheinischen Winter schon und sparen sich die Energie. Wie das Storchenpaar in Bislich, das lediglich zwischen zwei nah beieinander liegenden Nestern wechselt. Hauptsächlich residiert es neben der Johanneskirche an der Woy. Das andere Nest nutzt es quasi als Zweitwohnsitz. Sollte sich hier mal ein neues Paar niederlassen wollen, könnte es Zoff geben, mutmaßt Glader.

Was der Ring verrät
In Ringenberg gelang es ihm kürzlich, die Ringnummer eines Storches abzulesen. So lässt sich sein Weg genau verfolgen: 2011 in Zyfflich geboren, 2013 in Haldern gebrütet, 2014 wieder und 2015 in Ringenberg niedergelassen. Und in der Dingdener Heide ist ein Storchenpaar bereits seit 2010 dauerhaft sesshaft - ein Männchen mit seiner Holländerin, wie der Kärntner weiß.

Hoffen auf gesunden Nachwuchs
Das erste Ei im Nest an der Kirchenwoy ist übrigens längst da. Das weiß man so genau, weil es eine Storchen-Cam gibt, die jede Minute ihr Bild aktualisiert. Einfach unter www.bislich.de links „Webcam“ anklicken und schon ist man quasi im Storchennest. Und so beginnt bald wieder die Zeit des Hoffens, dass der Storchennachwuchs diesmal überlebt. 2014 war die Brut wegen der vielen Nässe im Mai leider wenig erfolgreich.

Andrang im Naturschutzzentrum
ZUR STIFTUNG Das ist geplant
Die Stiftung Störche NRW gibt es seit gut einem Jahr. Wer mehr wissen möchte, kann sich auf der Internetseite umsehen, die aber noch im Aufbau ist:
www.stoerche-nrw.de.
Neben Hans Glader gehören Stephanie Krüßmann und Hans-Gerd Kersten zum Vorstand, der dabei ist, Geld für die Verbesserung des Storchenlebensraumes zu sammeln. Dabei geht es den Akteuren sowohl um den Weißstorch als auch um den hier sehr seltenen Schwarzstorch. Einer lebt in der ehemaligen Sandgrube Boer in Schermbeck und ist vermutlich aus einem Gehege ausgebüxt. Denn eigentlich ist das Mittelgebirge seine Heimat.
Unter anderem hat die Stiftung vor, Flächen anzukaufen. Zudem sind mehr Nisthilfen geplant. Im Sommer sollen in der Wertherbrucher Isselniederung welche ihren Platz finden. Das Grünland ist ideal, so dass es vielleicht 2016 das große Storchenglück gibt.

Petra Herzog

 

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