Von der Damenunterhose bis zum Zinnlöffel

Am Sonntag öffnet im Bislicher Deichdorfmuseum eine neue Ausstellung: 2 x 12 = Geschichte am Niederrhein

VON Petra Herzog, FOTO M. Weissenfels

Dieser Gruß aus Bislich stammt aus der Zeit um 1900. Restaurationsbesitzer August Hahn hat ihn geschrieben.

Wesel. „2 x 12 = Geschichte am Niederrhein“ – so heißt die neueste Ausstellung im Deichdorfmuseum Bislich, die am Sonntag, 14. April, um 14.30 Uhr eröffnet wird. Bis Ende Mai ist das erste Dutzend Exponate zu sehen, danach bis zum 28. Juli Teil zwei, zwölf neue und ein Teil der bisherigen.

Museumsleiterin Barbara Rinn-Kupka hat im Archiv gewühlt und Ausstellungsstücke entdeckt, die etwas zu erzählen haben. So wie das Liederbuch von Sophie van Bebber. Um 1875 muss sie ihre Lieder darin handschriftlich zu Papier gebracht haben. Mehr weiß man über sie nicht. Das auf dem Endschenhof an der Droste Woy entdeckte Schriftstück hatte aber noch weitere Besitzer. Bella Bruns war die zweite. Bis etwa 1925 wurden Lieder hinzugefügt, wie etwa ein Vogellied mit Lerche, Meise, Fink und Nachtigall. Wer möchte, kann eine Melodie zu dem heute unbekannten Lied finden. Auf dem Boden liegt eine Klaviatur, die mit dem Fuß zu bedienen ist. Schließlich handelt es sich um eine Mitmach-Ausstellung, die auch Kinder anlocken soll.

Auch ein Gemälde von Walter Heimig, der 1880 in Wesel das Licht der Welt erblickte, ist sehr sehenwert. Im Hintergrund liegt das kriegszerstörte Wesel während davor die Menschen schon wieder im Biergarten sitzen. Heimig, der bis 1905 in der Hansestadt lebte, war Meisterschüler des bekannten Historienmalers Eduard von Gebhardt.

Eine weiße Damenunterhose wird ebenfalls die Blicke auf sich lenken. Um 1900 wurde sie in etwa genäht, 70 Jahre nachdem auch Frauen begannen, solch ein Kleidungsstück zu tragen. Bis 1830, sagt Rinn-Kupka, gingen die feinen Damen in der Stadt ohne Schlüpfer. Allenfalls die Dorfbewohnerinnen, die hart in der Kälte arbeiten mussten, hatten dabei eine Herrenhose unter dem Kleid.

Unter einer Lupe finden die Besucher in einer Vitrine etwas ganz Besonderes: eine Miniaturfigur, die aus einem Mammutzahn geschnitzt wurde – entstanden 30.000 vor Christus, gefunden in einer süddeutschen Albhöhle.

Ganz am Ende sind die Museumsgäste dran. Dort stehen sie vor einem leeren Rahmen und der Frage „Was wäre Ihr Zeugnis der Geschichte?“ Ein Heft zum Reinschreiben liegt bereit. Vielleicht, so Rinn-Kupka, endet ja demnächst die Plastikzeit, so wie einst die Zeit der Zinnlöffel. Die Ausstattung einer ganzen Familie liegt hier nämlich hinter Glas. Und Johan Gottfried Dassau, Zinngießer aus Wesel, kämpfte für seine Zunft. Denn die war wegen des gesundheitsschädlichen Bleigehalts im Zinn Anfang des 19. Jahrhunderts in Verruf geraten.

Deichdorfmuseum Bislich, Dorfstraße 24, Sa/So 14-17 Uhr; Eintritt 3,80 Euro, Kinder und Jugendliche frei

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