Ziegen für den freien Blick

Bürger- und Heimatverein Bislich will Sträucher am Rheinufer bekämpfen. Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt unterstützt ihn, Gespräche mit Naturschützern

Von Susanne Zimmermann Foto Markus Weissenfels

Kreis Wesel. Kaum lässt sich die Sonne blicken, erobern Radler, Skater und Spaziergänger die Deiche. Viele haben darauf gewartet, genießen den freien Blick auf den Rhein, hin und wieder unterbrochen durch Auewälder. Genau das macht den Reiz des Niederrheins aus. Der Bürger- und Heimatverein Bislich sorgt sich um diese Aussicht, denn es gibt ein Problem von Duisburg bis zur niederländischen Grenze: Seit auf etlichen Weiden am Fluss keine Tiere mehr stehen, werden die Wiesen gemäht. „Die letzten zehn Meter bis zum Wasser sind für die Bauern uninteressant“, sagt Kornel Schmitz, stellvertretender Vorsitzender des Bürger- und Heimatvereins. Im Ergebnis schießt frei ausgesätes Buschwerk, flächendeckend. „In wenigen Jahren sehen Sie vom Rhein nichts mehr“, ist auch der Vorsitzende Gerd Hakvoort überzeugt. Er will nicht tatenlos zusehen.

Auch das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) hat ein Interesse daran, die Sträucher nicht zu Wäldern heranwachsen zu lassen – wenn auch aus anderem Grund. Martin Wolters, zuständig für den Rhein von Voerde bis zur holländischen Grenze, will den Abflussquerschnitt des Rheins – den Bereich zwischen den weißen Kilometertafeln am Ufer – von Bewuchs frei halten. Ihm geht es um die Sicherheit der Schifffahrt. Wie berichtet, wird Treibholz bei Hochwasser zunehmend zum Problem. Man hat sich zusammengesetzt, auch mit den Nabu-Vorsitzenden der Kreise Wesel und Kleve. Es soll eine gemeinsam getragene Lösung gefunden werden. Das WSA geht im Rahmen seines Gehölzpflegeplans mit schweren Maschinen gegen den Aufwuchs vor. Dagegen favorisiert der Bürger- und Heimatverein eine Ziegenbeweidung. „Es gibt Schäfer, die dazu bereit wären“, erläutert Schmitz. Gerd Hakvoort nennt das Vorbild der Lüneburger Heide, die ohne Schafe bloß noch ein Wald wäre, sagt er.

Das Projekt durchrechnen

Welche Tiere auch immer den Wildwuchs eindämmen sollen – der Nabu-Kreisvorsitzende Malzbender favorisiert größeres Weidevieh – das sei allemal umweltfreundlicher als die schweren Maschinen, in diesem Punkt sind sich die Beteiligten einig. „Eigentlich könnten wir loslegen, die Sache muss jetzt nur noch angestoßen werden“, erläutert Kornel Schmitz. Anpacken und Ideen umsetzen, das ist eine der Stärken des Bislicher Heimatvereins. Ganz so einfach ist das diesmal aber nicht, das weiß auch Schmitz. Martin Wolters vom WSA hält eine Beweidung für „eine denkbare Sache“. Wirtschaftlich müsse es aber auch sein: „Wir sprechen von der Strecke Voerde bis an die niederrheinsche Grenze, das sind viele Flusskilometer.“ Gibt es überhaupt genügend Ziegenhalter? Und was würde das kosten? „Ich konnte es noch nicht durchrechnen“, sagt Wolters, der derzeit mit diversen Havarien befasst ist.

Schutz der Auewälder

Bestehende Auewälder am Rhein sind von diesem Projekt nicht betroffen. Sie sind gesetzlich geschützt, weil sie wertvolle Lebensräume sind. Über ein Gehölzmanagement sollen sie künftig besser gepflegt werden, um Totholz im Rhein zu vermeiden.

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